Die Zahlung eines bewusst überhöhten Kaufpreises für ein Grundstück
		durch eine GmbH an den Lebensgefährten der Alleingesellschafterin der GmbH kann
		zwar zu einer steuerlichen Doppelbelastung bei der Grunderwerbsteuer sowie bei
		der Schenkungsteuer führen. Diese Doppelbelastung kann aber durch eine
		Korrektur des fehlerhaften Bescheids aufgrund der Korrekturvorschrift wegen
		widerstreitender Steuerfestsetzung beseitigt werden. 
Hintergrund: Eine unentgeltliche
		Grundstücksübertragung löst grundsätzlich Schenkungsteuer aus. Eine
		entgeltliche Grundstücksübertragung führt zur Grunderwerbsteuer. Bei einer
		teilentgeltlichen Grundstücksübertragung entsteht sowohl Schenkungsteuer, und
		zwar hinsichtlich des unentgeltlichen Teils, als auch Grunderwerbsteuer, die
		für den entgeltlichen Teil anfällt. 
Sachverhalt: Die Klägerin war
		eine GmbH, deren Alleingesellschafterin die A war. Ihr Lebensgefährte war der
		B. Am 24.2.2011 verkaufte B sein Grundstück der Klägerin zu einem Kaufpreis von
		1,1 Mio. €. Tatsächlich war das Grundstück aber nur 480.000 €
		wert. Der steuerlich festgestellte Wert betrug sogar nur 283.000 €. Das
		Finanzamt setzte Schenkungsteuer gegenüber B fest und erfasste dabei zunächst
		die Differenz zwischen dem Kaufpreis von 1,1 Mio. € und dem steuerlich
		festgestellten Grundstückswert von 283.000 €. Außerdem erließ das
		Finanzamt gegenüber der Klägerin im Juni 2011 einen Grunderwerbsteuerbescheid
		und bemaß die Grunderwerbsteuer nach dem Kaufpreis von 1,1 Mio. €. Im
		Mai 2022 änderte das Finanzamt im Rahmen eines Klageverfahrens den
		Schenkungsteuerbescheid zu Gunsten des B und berücksichtigte nunmehr nur noch
		die Differenz zwischen dem Kaufpreis von 1,1 Mio. € und dem
		tatsächlichen Wert von 480.000 €, d.h. 620.000 €. Noch im Mai
		2022 beantragte die Klägerin nun die Änderung des Grunderwerbsteuerbescheids
		und die Herabsetzung der Grunderwerbsteuer dergestalt, dass nur noch eine
		Bemessungsgrundlage von 480.000 € zugrunde gelegt wird.
Entscheidung: Das Finanzgericht
		Mecklenburg-Vorpommern (FG) gab der Klage statt: 
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Zwar war die Einspruchsfrist für den Grunderwerbsteuerbescheid 
 schon abgelaufen; der Grunderwerbsteuerbescheid konnte aber aufgrund einer
 Korrekturvorschrift, die im Fall einer widerstreitenden
 Steuerfestsetzung greift, geändert werden.
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Eine widerstreitende Steuerfestsetzung liegt vor, wenn ein 
 steuerlicher Sachverhalt in zwei Bescheiden berücksichtigt wird. Dies können
 auch zwei Bescheide zweier verschiedener Steuerpflichtiger sein, im Streitfall
 also der Schenkungsteuerbescheid gegen B sowie der Grunderwerbsteuerbescheid
 gegenüber der Klägerin.
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In beiden Bescheiden wurde derselbe Sachverhalt zweimal 
 berücksichtigt. Die Vereinbarung eines 480.000 € übersteigenden
 Zahlungsbetrags, nämlich 620.000 €, wurde im Schenkungsteuerbescheid des
 B als Schenkung an B berücksichtigt; zugleich wurde dieser Betrag aber auch bei
 der Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer berücksichtigt, da im
 Grunderwerbsteuerbescheid der gesamte Kaufpreis von 1,1 Mio. € als
 Bemessungsgrundlage behandelt wurde.
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Die Korrekturvorschrift erlaubt die Änderung des fehlerhaften 
 Bescheids; dies war der Grunderwerbsteuerbescheid. Die Grunderwerbsteuer
 bemisst sich nach der Gegenleistung für das Grundstück. Als Gegenleistung kann
 aber nur der Betrag von 480.000 € angesehen werden, weil das Grundstück
 nur 480.000 € wert war. Der darüberhinausgehende Betrag von 620.000
 € war keine Gegenleistung, sondern eine Schenkung und darf daher bei der
 Grunderwerbsteuer nicht angesetzt werden.
Hinweise: Gegen A und B gab es
		ein Steuerstrafverfahren. Beide wurden wegen versuchter Hinterziehung von
		Einkommen-, Körperschaft- und Gewerbesteuer verurteilt. Denn der überhöhte
		Kaufpreis sollte eine Gewinnausschüttung an die A verdecken, indem ihrem
		Lebensgefährten B als sog. nahestehender Person ein überhöhter Kaufpreis
		zugewendet wurde. Aus Rechtsgründen kam es nicht zu einer Verurteilung wegen
		Hinterziehung der Schenkungsteuer. 
Die Korrekturvorschrift, die bei einer widerstreitenden
		Steuerfestsetzung greift, hat eine eigene Verjährungsregelung. So kann der
		Antrag auf Änderung innerhalb eines Jahres nach Ablauf der Einspruchsfrist des
		letzten betroffenen Steuerbescheids – dies war der geänderte
		Schenkungsteuerbescheid aus dem Monat Mai 2022 – gestellt werden.
		
Quelle: FG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 19.9.2023 – 1 K
		233/22; NWB
 
					 
												
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