Ein Unternehmer, der nicht buchführungspflichtig ist, aber
 freiwillig bilanziert, kann nach Übermittlung der Bilanz an das Finanzamt nicht
 mehr zur Einnahmen-Überschussrechnung wechseln. Dieser Wechsel ist auch nicht
 deshalb gerechtfertigt, weil sich aus der Einnahmen-Überschussrechnung ein
 niedrigerer Gewinn ergibt, mit dem ein steuerliches Mehrergebnis, das sich
 aufgrund einer Außenprüfung ergibt, kompensiert werden soll. 
Hintergrund: Unternehmer, die
 nicht zur Buchführung verpflichtet sind wie z.B. Freiberufler, können ihren
 Gewinn durch eine Einnahmen-Überschussrechnung ermitteln anstatt durch eine
 Bilanz. Bei der Einnahmen-Überschussrechnung gilt das Zufluss- und
 Abflussprinzip, so dass Einnahmen im Zeitpunkt ihres Zuflusses als
 Betriebseinnahmen und Ausgaben im Zeitpunkt ihrer Bezahlung (Abfluss) als
 Betriebsausgaben berücksichtigt werden. 
Sachverhalt: Der Kläger war
 unternehmerisch tätig, jedoch nicht zur Buchführung und Bilanzierung
 verpflichtet. Er ermittelte seinen Gewinn bis einschließlich 2011 durch
 Einnahmen-Überschussrechnung. Ab dem Jahr 2012 bilanzierte er und gab nun
 Bilanzen beim Finanzamt ab. Er reichte für das Streitjahr 2016 beim Finanzamt
 eine Bilanz ein, aus der sich ein Gewinn in Höhe von ca. 20.000 € ergab.
 Das Finanzamt folgte der Bilanz; der Steuerbescheid für 2016 wurde
 bestandskräftig und stand auch nicht unter einem Vorbehalt der Nachprüfung. Das
 Finanzamt führte im Jahr 2019 eine Außenprüfung durch und erhöhte den Gewinn
 für 2016 auf ca. 33.000 €. Der Kläger legte gegen den Änderungsbescheid
 Einspruch ein und reichte nunmehr eine Einnahmen-Überschussrechnung für 2016
 ein, aus der sich ein Gewinn in Höhe von ca. 21.000 € ergab. Das
 Finanzamt hielt den Wechsel von der Bilanzierung zur
 Einnahmen-Überschussrechnung für unzulässig.
Entscheidung: Der
 Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab: 
-  Der Kläger hatte grundsätzlich ein Wahlrecht zwischen der 
 Gewinnermittlung durch Bilanzierung und der Gewinnermittlung durch
 Einnahmen-Überschussrechnung, da er nicht buchführungspflichtig und deshalb
 nicht zur Bilanzierung verpflichtet war.
-  Dieses Wahlrecht hatte der Kläger mit der Einreichung der 
 Bilanz für 2016 beim Finanzamt ausgeübt und sich damit für die Bilanzierung
 entschieden. Das Wahlrecht wird nämlich zugunsten der Bilanzierung ausgeübt,
 wenn der Unternehmer eine Eröffnungsbilanz aufstellt, eine kaufmännische
 Buchführung einrichtet und nach Inventur eine Bilanz erstellt, die er als
 endgültig ansieht und deshalb beim Finanzamt einreicht.
-  Die so für 2016 getroffene Wahl konnte der Kläger nicht mehr 
 ändern. Ein Wechsel der Gewinnermittlung für denselben
 Gewinnermittlungszeitraum, für den das Wahlrecht bereits ausgeübt worden ist
 (im Streitfall: 2016), ist nur dann möglich, wenn sich die wirtschaftlichen
 Verhältnisse geändert haben und es einen vernünftigen
 wirtschaftlichen Grund für den Wechsel der Gewinnermittlung
 gibt. Im Streitfall gab es jedoch keinen wirtschaftlichen Grund, da es dem
 Kläger lediglich darum ging, das Mehrergebnis aus der Außenprüfung zu
 kompensieren. Letztlich hat sich der Kläger über die steuerlichen Folgen des
 zugunsten der Bilanzierung ausgeübten Wahlrechts geirrt, weil sich nach der
 Bilanzierung ein höherer Gewinn ergab als nach der
 Einnahmen-Überschussrechnung.
Hinweise: Grundsätzlich können steuerliche Wahlrechte noch geändert
 werden, solange der Steuerbescheid verfahrensrechtlich
 offen ist. Dies gilt jedoch nicht für das Wahlrecht über die
 Art der Gewinnermittlung. Auf lange Sicht steht der Kläger durch die
 Bilanzierung dennoch nicht schlechter da als bei der
 Einnahmen-Überschussrechnung, weil der Gesamtgewinn, der für die gesamte Dauer
 des Unternehmens ermittelt wird, bei beiden Gewinnermittlungsarten identisch
 ist. Allerdings fällt der Gewinn in den einzelnen Jahren unterschiedlich aus,
 weil z.B. bei der Bilanzierung eine Forderung gewinnerhöhend aktiviert wird,
 während bei der Einnahmen-Überschussrechnung erst die Bezahlung der Forderung
 durch den Kunden den Gewinn erhöht. 
Wird die Gewinnermittlungsart in einem Folgejahr geändert, ist der
 Unternehmer an die neue Gewinnermittlungsart grundsätzlich für
 drei Jahre gebunden. Der Wechsel der Gewinnermittlungsart
 kann zu einem Gewinn oder Verlust führen, weil eine Anpassung an die neue
 Gewinnermittlungsart erfolgen muss. So müssen z.B. bei einem Wechsel von der
 Einnahmen-Überschussrechnung zur Bilanzierung Forderungen gewinnerhöhend und
 Verbindlichkeiten gewinnmindernd bilanziert werden. Ein sich hieraus ergebender
 Übergangsgewinn kann auf Antrag auf insgesamt drei Jahre verteilt werden.
 Hingegen kann ein Übergangsverlust nicht verteilt werden. 
Quelle: BFH, Urteil vom 27.11.2024 – X R 1/23; NWB
 
 
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