Entfällt bei einer gewerblich geprägten GmbH & Co. KG, die
Immobilien vermietet, die gewerbliche Prägung, kommt es zu einer
Betriebsaufgabe, bei der die Immobilien mit dem gemeinen Wert angesetzt werden.
Der gemeine Wert ist nun die Bemessungsgrundlage für die Abschreibungen bei den
Vermietungseinkünften nach dem Wegfall der gewerblichen Prägung. Ändert sich
der Ansatz des gemeinen Wertes aufgrund eines Einspruchs oder einer Klage,
können die Bescheide der Folgejahre geändert werden, so dass die Abschreibungen
in den Folgejahren an den geänderten gemeinen Wert angepasst werden.
Hintergrund: Ist bei einer GmbH
& Co. KG, die an sich vermögensverwaltend tätig ist (z.B. als
Vermietungsgesellschaft), ausschließlich eine Kapitalgesellschaft persönlich
haftender Gesellschafter und ist nur die Kapitalgesellschaft oder aber ein
Dritter, der nicht Gesellschafter ist, zur Geschäftsführung befugt, spricht man
von einer gewerblich geprägten Personengesellschaft. Die Gesellschaft erzielt
dann kraft Gesetzes gewerbliche Einkünfte, obwohl sie an sich nur
vermögensverwaltend tätig ist und eigentlich Vermietungseinkünfte
erzielt.
Sachverhalt: Die Klägerin war
ursprünglich eine gewerblich geprägte GmbH & Co. KG und vermietete
Immobilien. Anfang 2007 entfiel die gewerbliche Prägung; jedoch vermietete die
Klägerin weiterhin ihre Immobilien und erzielte nun Einkünfte aus Vermietung
und Verpachtung. Die Klägerin erklärte aufgrund des Wegfalls der gewerblichen
Prägung einen Betriebsaufgabegewinn, bei dem sie die Immobilien mit dem
gemeinen Wert bewertete. Für die Jahre ab 2008 legte sie diesen gemeinen Wert
als Bemessungsgrundlage für die Abschreibungen zu Grunde. Das Finanzamt führte
bei der Klägerin eine Außenprüfung für 2007 durch und erhöhte die gemeinen
Werte. Das Finanzamt folgte dem Außenprüfer und erhöhte dafür aber die
Abschreibungen für die Vermietungseinkünfte ab 2008. Die Klägerin klagte gegen
die Erhöhung der gemeinen Werte im Bescheid für 2007 mit Erfolg. Das
Finanzgericht setzte die gemeinen Werte mit Urteil vom 3.5.2022 herab. Das
Finanzamt hatte bereits am 20.4.2022 die Bescheide für 2008 bis 2011 zu
Ungunsten der Klägerin geändert und minderte die Abschreibungen, indem es als
Bemessungsgrundlage den niedrigeren gemeinen Wert, der im Klageverfahren
geltend gemacht worden war und den das Finanzgericht im Urteil vom 3.5.2022
ansetzte, zugrunde legte. Gegen diese Änderungsbescheide ab 2008 wandte sich
die Klägerin.
Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab:
-
Der Wegfall der gewerblichen Prägung im Jahr 2007 führte zu
einer steuerlichen Betriebsaufgabe, da aus Betriebsvermögen Privatvermögen
wurde und die Klägerin nun nicht mehr gewerbliche Einkünfte sondern
Vermietungseinkünfte erzielte. Daher waren die gemeinen Werte der Immobilien im
Rahmen der Ermittlung des Betriebsaufgabegewinns anzusetzen. Die gemeinen Werte
stellten zugleich die Bemessungsgrundlage für die Abschreibungen ab dem Wegfall
der gewerblichen Prägung und damit auch für die streitigen Bescheide für 2008
bis 2011 dar. -
Die Herabsetzung des gemeinen Wertes durch das Urteil des
Finanzgerichts vom 3.5.2022 stellte ein sog. rückwirkendes Ereignis dar, das zu
einer Änderung der Bescheide der Folgejahre ab 2008 berechtigte; denn nach dem
Gesetz dürfen Steuerbescheide aufgrund eines rückwirkenden Ereignisses geändert
werden. -
Die Rückwirkung ergibt sich daraus, dass der gemeine Wert
nicht nur für die Ermittlung des Betriebsaufgabegewinns erforderlich ist,
sondern auch die Bemessungsgrundlage für die Abschreibungen der Folgejahre
darstellt. Daher sind der gemeine Wert und die Bemessungsgrundlage für die
Abschreibungen miteinander verknüpft. Diese Verknüpfung besteht auch dann, wenn
der gemeine Wert in einer unzutreffenden Höhe angesetzt wurde.
Hinweise: Das Finanzamt hat die
Änderungsbescheide bereits am 20.4.2022 und damit kurz vor der Verkündung des
Finanzgerichtsurteils am 3.5.2022 erlassen; vermutlich dürfte schon im April
2022 ersichtlich gewesen sein, welchen gemeinen Wert das Finanzgericht ansetzen
wird. Dass die Änderungsbescheide vor dem Urteil erlassen worden sind, ist
verfahrensrechtlich unschädlich; denn es kommt darauf an, dass im Zeitpunkt der
Einspruchsentscheidung, die am 5.6.2023 ergangen ist, die Voraussetzungen einer
Änderung wegen eines rückwirkenden Ereignisses vorgelegen haben. Dies war der
Fall, weil am 5.6.2023 das Urteil des Finanzgerichts mit den niedrigeren
gemeinen Werten vorgelegen hat.
Bei der Änderung wegen eines rückwirkenden Ereignisses gibt es eine
eigenständige Verjährungsregelung, so dass im Streitfall mit Ablauf des
31.12.2022 eine vierjährige Festsetzungsfrist begann und mit Ablauf des
31.12.2026 enden wird; daher durften die geänderten Bescheide vom 22.4.2022
auch unter dem Gesichtspunkt der Verjährung ergehen.
Quelle: BFH, Urteil vom 3.6.2025 – IX R 18/24; NWB
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