Verbürgt sich ein Dritter gegenüber einem fremden Dritten
unentgeltlich und wird er später als Bürge in Anspruch genommen, ohne dass er
das Geld von dem Schuldner zurückerhält, kann er den Ausfall seiner
Regressforderung gegen den Schuldner bei den Einkünften aus Kapitalvermögen
steuerlich geltend machen, wenn er eine Einkünfteerzielungsabsicht bei
Übernahme der Bürgschaft hatte. Grundsätzlich ist die
Einkünfteerzielungsabsicht bei den Einkünften aus Kapitalvermögen widerlegbar
zu vermuten.
Hintergrund: Fällt ein
Steuerpflichtiger mit einer Forderung, die zu seinem Privatvermögen gehört, aus
und ist die Forderung ab dem 1.1.2009 gewährt worden, kann der Steuerpflichtige
den Forderungsausfall grundsätzlich bei den Einkünften aus Kapitalvermögen
geltend machen. Erforderlich ist aber eine Einkünfteerzielungsabsicht; der
Steuerpflichtige muss also mit der Forderung Einkünfte, z.B. Zinsen, erzielen
wollen.
Sachverhalt: Der Kläger hatte
sich im Jahr 2010 für eine Darlehensverbindlichkeit der Z-GmbH gegenüber der
A-Bank unentgeltlich verbürgt. Der Kläger war kein Gesellschafter der Z-GmbH.
Die Lebensgefährtin des Klägers war L, die im Streitjahr 2012 noch mit G
verheiratet war, der ein Gesellschafter der Z-GmbH war. Im Jahr 2012 gewährte
der Kläger der Z-GmbH ein verzinsliches Darlehen zu einem Zinssatz von 7 % und
sollte zusätzlich eine Gewinn- und Verlustbeteiligung von 10 % am Ergebnis der
Z-GmbH erhalten. Im Streitjahr 2012 wurde der Kläger als Bürge von der A-Bank
in Anspruch genommen und zahlte an die A-Bank ca. 190.000 €. Über das
Vermögen der Z-GmbH wurde noch im Jahr 2012 das Insolvenzverfahren eröffnet.
Der Kläger fiel mit seiner Regressforderung gegen die Z-GmbH aus und machte den
Ausfall bei den Einkünften aus Kapitalvermögen geltend. Das Finanzamt erkannte
den Verlust nicht an.
Entscheidung: Der BFH hielt eine
Berücksichtigung des Ausfalls der Regressforderung aus der Bürgschaft bei den
Einkünften aus Kapitalvermögen für denkbar und verwies den Fall zur weiteren
Aufklärung an das Finanzgericht (FG) zurück:
-
Der Ausfall einer Regressforderung des Bürgen gegen den
Schuldner, nachdem der Bürge in Anspruch genommen worden ist, kann bei den
Einkünften aus Kapitalvermögen zu einem steuerbaren Verlust führen, wenn die
Regressforderung nach dem 31.12.2008 begründet worden ist; denn seit dem
1.1.2009 werden Wertzuwächse und -verluste von Kapitalforderungen des
Privatvermögens steuerlich bei den Einkünften aus Kapitalvermögen
erfasst. -
Voraussetzung für eine derartige Berücksichtigung ist aber
eine Einkünfteerzielungsabsicht, die vom BFH nicht abschließend geprüft werden
kann. Für die Einkünfteerzielungsabsicht kommt es auf den Zeitpunkt der Hingabe
der Bürgschaft an. -
Grundsätzlich spricht bei den Einkünften aus Kapitalvermögen
eine widerlegbare Vermutung für eine Einkünfteerzielungsabsicht. Dies gilt auch
bei einer unentgeltlich übernommenen Bürgschaft, wenn sie unter fremden Dritten
übernommen worden ist. Erst wenn für eine unentgeltlich übernommene Bürgschaft
jeglicher wirtschaftliche Hintergrund fehlt, ist die Vermutung einer
Einkünfteerzielungsabsicht widerlegt.
Hinweise: Das FG muss nun
aufklären, ob ein wirtschaftlicher Hintergrund für die Bürgschaftsübernahme
fehlte. Es gab zwar ein persönliches Beziehungsgeflecht zwischen dem Kläger und
seiner Lebensgefährtin, die mit dem Gesellschafter der Z-GmbH noch verheiratet
war, aber von diesem schon getrennt lebte. Jedoch gab es auch
Geschäftsbeziehungen zwischen dem Kläger und der Z-GmbH, die – trotz der
persönlichen Beziehungen und Veränderungen unter den beteiligten Personen
– auch noch im Streitjahr bestanden; so hatte der Kläger im Jahr 2012 ein
verzinsliches Darlehen an die Z-GmbH gewährt, das ihm neben 7 % Zinsen auch
eine Gewinnbeteiligung ermöglichen sollte. Dies könnte auf einen
wirtschaftlichen Hintergrund für die Bürgschaftsübernahme hindeuten.
Das FG muss ferner auch prüfen, ob der Ausfallverlust dem Kläger im
Streitjahr 2012 entstanden ist. Hierfür könnte sprechen, dass der
Insolvenzverwalter der Z-GmbH bereits im März 2012 die Masseunzulänglichkeit
angezeigt hat.
Nach aktueller Rechtslage ist ein Verlust bei den Einkünften aus
Kapitalvermögen kaum nutzbar, da er nur mit positiven Einkünften aus
Kapitalvermögen, nicht aber mit anderen Einkünften verrechnet werden kann.
Quelle: BFH, Urteil vom 1.7.2025 – VIII R 3/23;
NWB
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