Ein Bescheid, in dem das steuerliche Einlagekonto einer GmbH zu
		niedrig festgestellt wird, kann zugunsten der GmbH aufgrund einer offenbaren
		Unrichtigkeit berichtigt werden, wenn die auf Null lautende
		Feststellungserklärung für das steuerliche Einlagekonto erkennbar fehlerhaft
		war, weil aus dem beigefügten Jahresabschluss Einlagen deutlich erkennbar
		waren. 
Hintergrund: Bei
		Kapitalgesellschaften werden Einlagen der Gesellschafter in einem sog.
		steuerlichen Einlagekonto erfasst und durch Bescheid festgestellt. Diese
		Feststellung ermöglicht in Folgejahren eine steuerfreie Rückgewähr der Einlagen
		an die Gesellschafter, soweit die zurückgezahlten Einlagen den ausschüttbaren
		Gewinn übersteigen. 
Streitfall: Die Klägerin war
		eine GmbH, deren steuerliches Einlagekonto zum 31.12.2011 auf 0 €
		festgestellt worden war. Im Streitjahr 2012 erbrachten die Gesellschafter
		Einlagen, indem sie Forderungen in Höhe von insgesamt ca. 1,8 Mio. € in
		die Klägerin einbrachten. Im Jahresabschluss zum 31.12.2012 wies die Klägerin
		eine Kapitalrücklage von ca. 2,3 Mio. € aus. Sie erläuterte die
		Kapitalrücklage, indem sie auf die Einbringung der Darlehensforderungen sowie
		auf einen Beschluss zur Einbringung weiterer Darlehensforderungen hinwies. In
		ihrer Feststellungserklärung für das steuerliche Einlagekonto gab die Klägerin
		den Endbestand des steuerlichen Einlagekontos jedoch fehlerhaft mit 0 €
		an. Angaben zur Entwicklung des Einlagekontos im Jahr 2012 machte sie nicht.
		Das Finanzamt erließ im Juni 2014 erklärungsgemäß einen Bescheid über ein
		steuerliches Einlagekonto von 0 €. Ein Jahr später beantragte die
		Klägerin die Berichtigung des Bescheids wegen einer offenbaren
		Unrichtigkeit.
Entscheidung: Der
		Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage im Grundsatz statt, verwies die Sache aber
		zur weiteren Aufklärung an das Finanzgericht (FG) zurück: 
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Der Bescheid über die Feststellung des steuerlichen 
 Einlagekontos zum 31.12.2012 beruhte auf einer offenbaren Unrichtigkeit und war
 daher zu berichtigen. Das Gesetz ermöglicht die Berichtigung eines Bescheids,
 der einen Schreibfehler, Rechenfehler oder eine ähnliche
 offenbare Unrichtigkeit enthält.
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Im Streitfall hat die Klägerin in ihrer Feststellungserklärung 
 vergessen, die von ihren Gesellschaftern geleisteten Einlagen zu erklären.
 Dieser Fehler war für das Finanzamt erkennbar, da es anhand des
 Jahresabschlusses erkennen konnte, dass Einlagen geleistet worden waren; denn
 zum einen war die Kapitalrücklage um ca. 2,3 Mio. € gestiegen, zum
 anderen wurde in den Erläuterungen zum Jahresabschluss ausgeführt, dass die
 Gesellschafter Darlehensforderungen eingebracht hatten.
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Das Finanzamt hat den erkennbaren Fehler der Klägerin 
 übernommen und sich zu eigen gemacht. Zwar scheidet eine Berichtigung wegen
 offenbarer Unrichtigkeit aus, wenn es sich um einen Rechtsirrtum gehandelt
 haben könnte; ein Rechtsirrtum der Klägerin oder des Finanzamts können im
 Streitfall aber ausgeschlossen werden.
Hinweise: Die Berichtigung war
		nicht deshalb ausgeschlossen, weil die zutreffende Höhe der Einlagen nicht
		genau erkennbar war. Es genügt, dass die festgestellte Höhe der Einlagen im
		steuerlichen Einlagekonto jedenfalls erkennbar
		fehlerhaft war. Das FG muss nun im zweiten Rechtsgang die
		zutreffende Höhe der Einlagen ermitteln. 
Dies ist eine unlizenzierte Version der NWB WebNews und nur zu Testzwecken geeignet.
Für die Praxis ist das Urteil sehr wichtig, da Einlagen in der
		Feststellungserklärung für das steuerliche Einlagekonto oft vergessen werden
		und ein Einspruch gegen den fehlerhaften Bescheid mangels Abweichung von der
		fehlerhaften Erklärung unterbleibt. Ergibt sich aus dem beigefügten
		Jahresabschluss, dass Einlagen geleistet worden sein müssen, rechtfertigt dies
		nach der aktuellen BFH-Entscheidung eine Berichtigung wegen offenbarer
		Unrichtigkeit, sofern ein Rechtsirrtum ausgeschlossen werden kann. 
Quelle: BFH, Urteil v. 8.12.2021
		– I R 47/18; NWB
 
					 
												
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