Will der Unternehmer ein Wirtschaftsgut, das er sowohl
unternehmerisch als auch privat nutzt, seinem Unternehmen ganz oder teilweise
zuordnen, genügt hierfür eine Dokumentation
der Anhaltspunkte, aus denen sich die Zuordnung zum Unternehmen ergibt, bis zum
Fristablauf für die Abgabe der Umsatzsteuererklärung. Für eine wirksame
Zuordnung ist nicht erforderlich, dass der Unternehmer dem Finanzamt die
Zuordnungsentscheidung bis zum Fristablauf für die Abgabe der
Umsatzsteuererklärung mitteilt.

Hintergrund: Verwendet der
Unternehmer einen Gegenstand sowohl für sein Unternehmen als auch privat, hat
er umsatzsteuerlich ein sog. Zuordnungswahlrecht. Er kann den Gegenstand
grundsätzlich entweder vollständig oder nur anteilig oder aber gar nicht seinem
Unternehmen zuordnen und dementsprechend die Vorsteuer vollständig, anteilig
oder gar nicht abziehen. Im Gegenzug muss er allerdings im Umfang der Zuordnung
auch die Privatnutzung des Gegenstands der Umsatzsteuer unterwerfen. Bis vor
kurzem verlangte der Bundesfinanzhof (BFH), dass das Zuordnungswahlrecht bis
zum Termin für die Abgabe der Umsatzsteuererklärung ausgeübt werden muss. Im
Anschluss an eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs hat der BFH seine
Rechtsprechung aber jüngst gelockert und verlangt lediglich eine zeitnahe
Dokumentation der Zuordnungsentscheidung.

Sachverhalt: Der Kläger
errichtete im Jahr 2016 ein Wohn- und Bürogebäude, mit dessen Errichtung er im
Jahr 2014 begonnen hatte. Einen Gebäudeanteil von 32 % vermietete der Kläger ab
dem 1.5.2016 umsatzsteuerpflichtig an die C-GmbH, deren Alleingesellschafter
und -geschäftsführer er war. Der Kläger machte die auf den
umsatzsteuerpflichtig vermieteten Gebäudeteil entfallende Vorsteuer, d. h. 32 %
der gesamten Vorsteuern, in seiner Umsatzsteuererklärung für 2016 geltend und
gab die Erklärung am 27.12.2017 ab. Das Finanzamt erkannte die Vorsteuer nicht
an, weil der Kläger seine Zuordnungsentscheidung nicht bis zum 31.5.2017, dem
Abgabetermin für die Umsatzsteuererklärung 2016, getroffen hatte.

Entscheidung: Der BFH gab der
Klage im Grundsatz statt, verwies die Sache aber zur Berechnung der Höhe der
abziehbaren Vorsteuern an das Finanzgericht (FG) zurück:

  • Das Gebäude war ein gemischt genutztes Wirtschaftsgut, da es
    hinsichtlich der vermieteten Fläche unternehmerisch genutzt wurde. Der Kläger
    hat eine wirksame Zuordnungsentscheidung getroffen, den vermieteten Teil (32 %
    der Fläche) seinem Unternehmen zuzuordnen.

  • Für die Wirksamkeit der Zuordnungsentscheidung bedarf es nach
    neuester Rechtsprechung nicht mehr einer Mitteilung an das Finanzamt bis zum
    Ablauf der Frist für die Abgabe der Umsatzsteuererklärung. Vielmehr genügt eine
    Dokumentation der objektiv erkennbar gewordenen Anhaltspunkte, aus denen sich
    die Zuordnung zum Unternehmen ergibt, bis zum Ablauf der Erklärungsfrist für
    die Umsatzsteuererklärung; diese Dokumentation kann dem
    Finanzamt dann aber zu einem späteren Zeitpunkt vorgelegt werden.

  • Im Streitfall gab es eine entsprechende Dokumentation der
    objektiv erkennbaren Anhaltspunkte bis zum 31.5.2017. So hatte der Kläger
    bereits im Mai 2016 einen Mietvertrag über die umsatzsteuerpflichtige
    Vermietung des Gebäudeteils im Umfang von 32 % abgeschlossen. Außerdem war die
    später vermietete Fläche des Gebäudes in den Bauplänen als Bürofläche
    ausgewiesen worden, so dass hieraus deutlich wurde, dass dieser Teil
    unternehmerisch genutzt werden würde.

Hinweise: Der BFH bestätigt
damit seine jüngste Rechtsprechung zur umsatzsteuerlichen
Zuordnungsentscheidung, die sich zugunsten der Unternehmer auswirkt. Denn eine
Mitteilung an das Finanzamt bis zum Ablauf der Frist für die Abgabe der
Umsatzsteuererklärung ist nicht mehr erforderlich. Vielmehr genügt es, wenn bis
zu diesem Tag aus den Unterlagen objektiv erkennbar ist, dass das
Wirtschaftsgut ganz oder teilweise unternehmerisch genutzt werden soll.

Der BFH hat die Sache aber an das FG zurückverwiesen, damit dieses
über die endgültige Höhe der Vorsteuern entscheidet. Der Kläger hatte im
Streitjahr 2016 nämlich nicht nur die Vorsteuern geltend gemacht, die im
Streitjahr 2016 entstanden sind, sondern zu Unrecht auch noch die Vorsteuern
aus den Vorjahren 2014 und 2015, in denen mit der Errichtung des Gebäudes
begonnen worden war; die Vorsteuern der beiden Vorjahre können aber nur in den
Umsatzsteuererklärungen für 2014 und 2015 geltend gemacht werden.

Bei gemischt genutzten Gebäuden ist eine vollständige Zuordnung des
Gebäudes zum Unternehmen nach dem Gesetz nicht möglich, sondern nur eine
Zuordnung des unternehmerisch genutzten Teils des Gebäudes.

Quelle: BFH, Urteil vom 29.9.2022 – V R 4/20;
NWB