Führt der Steuerpflichtige einen
Ein-Personen-Haushalt im Obergeschoss des Wohnhauses seiner Eltern, ist es für
die steuerliche Anerkennung einer doppelten Haushaltsführung nicht
erforderlich, dass er sich an den Lebensführungskosten des elterlichen
Haushalts beteiligt. Eine finanzielle Beteiligung an den Lebensführungskosten
wird nur dann verlangt, wenn der Steuerpflichtige seinen Lebensmittelpunkt in
einem Mehrpersonenhaushalt hat, weil er z.B. in den elterlichen Haushalt
eingegliedert ist.
Hintergrund: Eine
doppelte Haushaltsführung liegt vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes
seiner ersten Tätigkeitsstätte einen eigenen Hausstand unterhält und auch am
Ort der ersten Tätigkeitsstätte wohnt.
Sachverhalt: Der 1986
geborene Kläger hatte bereits eine Berufsausbildung abgeschlossen und studierte
in den Jahren 2014 bis 2018. Nebenbei war er wissenschaftlicher Mitarbeiter an
der Universität in M-Stadt. Seinen Lebensmittelpunkt hatte der Kläger in
B-Stadt; dort wohnte er unentgeltlich in einer Wohnung im Obergeschoss des
Wohnhauses seiner Eltern. Die Wohnung bestand aus Diele, Küche, Bad/WC sowie
zwei Wohnräumen. Seine Eltern wohnten im Untergeschoss des Hauses. Die
Wohnungen hatten jeweils einen Eingang zum mittigen, offenen Treppenhaus. Der
Kläger machte eine doppelte Haushaltsführung steuerlich geltend und setzte u.a.
die Mietkosten für die Zweitwohnung in M-Stadt, Familienheimfahrten sowie
Verpflegungsmehraufwendungen als Werbungskosten an. Das Finanzamt erkannte nur
die Familienheimfahrten an.
Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) bejahte eine doppelte Haushaltsführung des Klägers und
erkannte auch die weiteren geltend gemachten Kosten an:
-
Aufwendungen für eine
berufliche Zweitausbildung sind – anders als Aufwendungen für eine erste
Berufsausbildung – steuerlich absetzbar. Zu den Kosten gehören auch die
Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung. -
Eine doppelte Haushaltsführung
setzt u.a. voraus, dass der Steuerpflichtige einen eigenen Hausstand unterhält.
Das Vorliegen eines eigenen Hausstandes setzt wiederum das Innehaben einer
Wohnung sowie eine finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung
voraus. -
Der Kläger hatte im Haus
seiner Eltern eine Wohnung inne, nämlich im Obergeschoss. Es war nicht
erforderlich, dass er Eigentümer oder Mieter dieser Wohnung war; vielmehr
genügte es, dass ihm die Wohnung von seinen Eltern unentgeltlich zur Nutzung
überlassen worden war. -
Eine finanzielle Beteiligung
an den Kosten der Lebensführung ist hingegen nur dann erforderlich, wenn der
Kläger seinen Lebensmittelpunkt in einem
Mehrpersonenhaushalt hat; denn nur dann gibt
es Kosten, an denen er sich „beteiligen“ kann. -
Bei einem
Ein-Personen-Haushalt stellt sich die Frage einer Kostenbeteiligung
nicht. Im Streitfall unterhielt der Kläger im Obergeschoss
des Wohnhauses seiner Eltern einen Ein-Personen-Haushalt, da das Obergeschoss
ausschließlich ihm zur Verfügung stand. Seine Eltern hielten sich
ausschließlich im Erdgeschoss auf. Dafür, dass der Kläger einen
Ein-Personen-Haushalt unterhielt, sprach auch der Umstand, dass der Kläger im
Jahr 2014 bereits 28 Jahre alt war und über ein eigenes Einkommen
verfügte.
Hinweise: Der BFH hat die
Sache an das Finanzgericht zurückverwiesen, das nun die Höhe der
Unterkunftskosten für die Zweitwohnung in M-Stadt sowie die Höhe der geltend
gemachten Verpflegungsmehraufwendungen ermitteln muss.
Wäre der Kläger hingegen in den
Haushalt seiner Eltern eingegliedert gewesen, hätte er sich an den Kosten des
gemeinsamen Haushalts beteiligen müssen, um eine doppelte Haushaltsführung
steuerlich geltend machen zu können. Von einer Eingliederung in den elterlichen
Haushalt geht man insbesondere dann aus, wenn der Steuerpflichtige gerade seine
Ausbildung abgeschlossen hat und nun weiterhin in seinem Kinderzimmer im
elterlichen Haushalt wohnt.
Quelle: BFH, Urteil vom 29.4.2025
– VI R 12/23; NWB
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