Eine doppelte Haushaltsführung kann auch dann bestehen, wenn der
Arbeitnehmer im Haus seiner Eltern wohnt. Voraussetzung ist aber unter anderem,
dass er sich an den Kosten der Lebensführung
beteiligt
; diese Beteiligung muss nicht durch laufende
Zahlungen erfolgen, sondern kann auch in Gestalt von Einmalzahlungen erbracht
werden.

Hintergrund: Eine doppelte
Haushaltsführung liegt vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb seines
Lebensmittelpunktes arbeitet und am Beschäftigungsort eine Zweitwohnung
anmietet. Der Gesetzgeber verlangt, dass der Arbeitnehmer an seinem
Lebensmittelpunkt eine Wohnung innehat und sich an den Kosten der Lebensführung
finanziell beteiligt.

Sachverhalt: Der Kläger
arbeitete im Streitjahr 2015 in B und hatte dort eine Zwei-Zimmer-Wohnung
angemietet, von der aus er an jedem Werktag zur Arbeit fuhr. An den Wochenenden
hielt er sich im Haus seiner Eltern in X auf; der Kläger hatte in X auch seinen
privaten Lebensmittelpunkt.

Im Haus seiner Eltern bewohnte er im Obergeschoss eine Wohnung mit
seinem Bruder B, während seine Eltern im Erdgeschoss wohnten. Miete musste der
Kläger an seine Eltern nicht zahlen. Der Kläger besorgte jedoch für sich und
seinen Bruder im Streitjahr Lebensmittel und Getränke im Wert von ca. 1.400
€. Außerdem überwies er im Dezember 2015 auf das Konto seines Vaters
Beträge in Höhe von 1.200 € mit dem Verwendungszweck
„Nebenkosten/Telekommunikation“ sowie in Höhe von 550 € mit
dem Verwendungszweck „Anteil neue Fenster in 2015“. Der Kläger
machte die Aufwendungen für die Zwei-Zimmer-Wohnung in B sowie für die
wöchentlichen Familienheimfahrten als Werbungskosten im Rahmen einer doppelten
Haushaltsführung geltend, die das Finanzamt wegen fehlender finanzieller
Beteiligung am Haushalt in X nicht anerkannte.

Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage statt:

  • Der Kläger unterhielt einen eigenen Hausstand in X bei seinen
    Eltern, auch wenn er weder Eigentümer noch Mieter des Hauses war. Es genügte,
    dass er im Haus seiner Eltern eine Wohnung aus abgeleitetem Recht nutzen
    konnte, weil seine Eltern ihm und seinem Bruder die Wohnung im Obergeschoss
    überlassen hatten. Unbeachtlich ist, dass die Wohnung im Obergeschoss nicht
    baulich von der von den Eltern genutzten Wohnung im Erdgeschoss getrennt war.

  • In X befand sich auch der Lebensmittelpunkt des Klägers, da er
    dort in Vereinen aktiv war und sich an den Wochenenden sowie im Urlaub
    aufhielt.

  • Ferner hat sich der Kläger an den Kosten der Lebensführung in
    X beteiligt. Zu diesen Kosten gehören die Kosten für die am Lebensmittelpunkt
    genutzte Wohnung sowie die Kosten für die eigentliche Haushaltsführung wie z.B.
    Lebensmittel oder Telekommunikation. Nicht
    hierzu gehören Kosten für den Urlaub, für die Freizeit, für den Pkw oder für
    die Gesundheitsvorsorge.

  • Der Kläger hat sich an dem im Obergeschoss bestehenden
    Haushalt bereits dadurch beteiligt, dass er Lebensmittel und Getränke im Wert
    von ca. 1.400 € eingekauft hat. Auf die Kosten, die für den Haushalt der
    Eltern im Erdgeschoss entstanden sind, kommt es nicht an, weil das Erdgeschoss
    nicht zum Haushalt des Klägers gehörte.

Hinweise: Das Urteil ist positiv
für Arbeitnehmer, weil es die Anforderungen an die Führung eines eigenen
Hausstandes geringhält. So verlangt der BFH keine laufenden Zahlungen, sondern
es genügen Einmalzahlungen. Ebenso wenig
fordert der BFH einen Mindestbetrag oder eine Miete; allerdings dürfen die
Zahlungen nicht erkennbar unzureichend sein. Als Vergleichsmaßstab für eine
erkennbar unzureichende finanzielle Beteiligung dienen die tatsächlich
entstandenen Haushalts- und Lebenshaltungskosten.

Auf die Zahlungen des Klägers für die
„Nebenkosten/Telekommunikation“ sowie für die neuen Fenster kam es
im Ergebnis nicht an, weil bereits die Zahlungen für die Lebensmittel und
Getränke ausreichend waren, um eine Beteiligung an den Haushaltskosten
anzunehmen.

Arbeitnehmer können einen eigenen Hausstand dadurch unterhalten,
dass sie einen gemeinsamen Haupthausstand gemeinsam mit den Eltern oder mit
einem Elternteil führen (sog. Mehrgenerationenhaushalt). Dies ist insbesondere
bei älteren Arbeitnehmern der Fall, die wirtschaftlich bereits selbständig
sind; hier kann man davon ausgehen, dass sie die Führung des elterlichen
Haushalts maßgeblich mitbestimmen und daher einen eigenen Hausstand
unterhalten. Im Streitfall bestand kein Mehrgenerationenhaushalt, weil es im
Erd- und im Obergeschoss zwei getrennte Haushalt gab: einen der Eltern und
einen der Brüder.

Quelle: BFH, Urteil v. 12.1.2023 – VI R 39/19;
NWB