Sagt ein GmbH-Gesellschafter, der
seiner mittlerweile überschuldeten GmbH ein Darlehen gewährt hat, eine Einlage
zu, die als Gutschrift in die Kapitalrücklage gebucht und sogleich als
Darlehenstilgung gebucht wird, handelt es sich um einen sog.
Gestaltungsmissbrauch, der einen Forderungsverzicht verdeckt. Daher ist die
gegenüber dem GmbH-Gesellschafter bestehende Verbindlichkeit gewinnerhöhend
auszubuchen und in Höhe des werthaltigen Teils der Verbindlichkeit um eine
verdeckte Einlage zu kompensieren.

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Hintergrund: Wird einem
Unternehmer eine Verbindlichkeit erlassen, führt dies zum Wegfall der
Verbindlichkeit und erhöht den Gewinn. Soweit die Verbindlichkeit der GmbH,
d.h. die Forderung des Gesellschafters, werthaltig war, wird die Gewinnerhöhung
durch eine sog. verdeckte Einlage außerbilanziell ausgeglichen. Bei einer
Forderung, die zu 10 % noch werthaltig ist, kommt es also in Höhe von 90 % des
Nennbetrags zu einer Einkommenserhöhung.

Sachverhalt: Die Klägerin
war eine panamaische Kapitalgesellschaft, deren Geschäftsleitung sich in
Deutschland befand. Die Alleingesellschafterin der Klägerin war die B-AG. Die
Klägerin war überschuldet und hatte im Jahr 2011 Verbindlichkeiten in Höhe von
insgesamt 17,3 Mio. €; hierunter waren auch Verbindlichkeiten gegenüber
der B-AG in Höhe von 12,6 Mio. €, die noch einen Wert von ca. 2 Mio.
€ hatten. Die B-AG erklärte sich im Jahr 2011 zur Leistung einer Einlage
in Höhe von 17,3 Mio. € bereit. Die Einlage wurde aber von der B-AG
nicht tatsächlich gezahlt, sondern als Gutschrift in die Kapitalrücklage der
Klägerin gebucht. Anschließend wurde die Einlage gegen die Verbindlichkeiten
gebucht, so dass die Verbindlichkeiten in der Bilanz nicht mehr vorhanden
waren. Das Finanzamt sah hierin einen Gestaltungsmissbrauch und nahm einen
gewinnerhöhenden Forderungsverzicht von 17,3 Mio. € an, den es durch
eine verdeckte Einlage in Höhe von 2 Mio. € teilweise kompensierte.

Entscheidung: Das
Finanzgericht Düsseldorf (FG) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:

  • Ein Gestaltungsmissbrauch
    liegt vor, wenn eine unangemessene rechtliche Gestaltung gewählt wird, die beim
    Steuerpflichtigen zu einem gesetzlich nicht vorgesehenen Steuervorteil führt
    und für die es keine beachtlichen außersteuerlichen Gründe
    gibt.

  • Der Gestaltungsmissbrauch war
    im Streitfall darin zu sehen, dass es keine tatsächlichen Zahlungen der Einlage
    und der Darlehenstilgung gab, sondern dass die Einlage und die Darlehenstilgung
    nur buchhalterisch vollzogen wurden.
    Tatsächlich brachte die B-AG also kein Geld in die Klägerin ein, und die
    Klägerin zahlte tatsächlich auch nicht das Darlehen zurück.

  • Mit dieser Gestaltung wurde
    ein Forderungsverzicht verdeckt, so dass
    richtigerweise ein gewinnerhöhender Forderungsverzicht in Höhe von 17,3 Mio.
    € anzusetzen ist, der durch eine verdeckte Einlage in Höhe des
    werthaltigen Teils der Verbindlichkeiten von ca. 2 Mio. € kompensiert
    wird. Im Ergebnis wird also das Einkommen der Klägerin um 15,3 Mio. €
    erhöht.

Hinweise: Wäre der
Forderungsverzicht im Rahmen einer betrieblich veranlassten Sanierung erfolgt,
wäre der Sanierungsertrag nach dem Gesetz steuerfrei; allerdings gilt dieses
Gesetz erstmals für den Veranlagungszeitraum 2017 und noch nicht für das
Streitjahr 2011.

Hätte die B-AG tatsächlich in die
Klägerin eingezahlt und hätte die Klägerin anschließend tatsächlich die
Darlehen durch entsprechende Zahlungen getilgt, wäre ein Gestaltungsmissbrauch
möglicherweise verneint worden. Es hätte sich dann nämlich nicht nur um einen
buchhalterischen Vorgang gehandelt. So hätte die durch tatsächliche Zahlung
erfolgte Darlehenstilgung von einem späteren Insolvenzverwalter angefochten
werden können. Außerdem hätte die B-AG zunächst einen Betrag von 17,3 Mio.
€ aufbringen und in die Klägerin einzahlen müssen.

FG Düsseldorf, Urteil v. 22.12.2021
– 7 K 101/18 K, G, F; NWB