Erhält ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber Geld dafür, dass er
an seinem privaten Kfz einen Kennzeichenhalter mit einem Werbeschriftzug des
Arbeitgebers anbringt, stellt die Zahlung steuerpflichtigen Arbeitslohn dar,
wenn dem Werbemietvertrag, den der Arbeitnehmer mit dem Arbeitgeber
abgeschlossen hat, kein eigenständiger wirtschaftlicher Gehalt zukommt. Der
wirtschaftliche Gehalt kann insbesondere dann fehlen, wenn sich das Entgelt
nicht am Werbeeffekt, sondern an einer steuerlichen Freigrenze orientiert.

Hintergrund: Arbeitnehmer können
mit ihrem Arbeitgeber zusätzlich zum Arbeitsvertrag noch weitere
Rechtsbeziehungen unterhalten, z.B. ein Darlehen gewähren, Räume vermieten oder
einen Werbevertrag abschließen und insoweit Zahlungen vom Arbeitgeber erhalten
(Werbeentgelt, Miete oder Zinsen). Steuerlich ist dann zu prüfen, welcher
Einkunftsart diese Zahlungen zuzuordnen sind und ob sie überhaupt
einkommensteuerbar sind.

Streitfall: Die Klägerin war
Arbeitgeberin und schloss mit einer Vielzahl von Arbeitnehmern einen
„Mietvertrag Werbefläche“ ab. Sie stellte ihren Arbeitnehmern
jeweils einen mit ihrem Werbeschriftzug versehenen Kennzeichenhalter zur
Verfügung, den die Arbeitnehmer auf ihrem eigenen Kfz anbringen sollten.
Hierfür zahlte die Klägerin jährlich 255 €. Das Finanzamt behandelte die
Zahlung als Arbeitslohn und nahm die Klägerin für die nicht einbehaltene und
abgeführte Lohnsteuer durch einen Lohnsteuer-Haftungsbescheid in
Anspruch.

Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) ging ebenfalls von Arbeitslohn aus und wies die Klage
ab:

  • Arbeitslohn liegt vor, wenn die Zahlung des Arbeitgebers durch
    das Dienstverhältnis veranlasst ist, also als Gegenleistung für die
    Arbeitsleistung erbracht wird. Hingegen liegt kein Arbeitslohn vor, wenn die
    Zahlung auf einer anderen Rechtsbeziehung beruht. Welche der beiden Fallgruppen
    greift, kann nur aufgrund einer Würdigung aller wesentlichen Umstände des
    Einzelfalls entschieden werden.

  • Nach dieser Würdigung war im Streitfall von Arbeitslohn
    auszugehen, da die Einnahmen durch das Dienstverhältnis veranlasst waren und
    nicht durch den Werbemietvertrag. So war nach dem Werbemietvertrag die
    Erzielung einer Werbewirkung nicht sichergestellt. Außerdem orientierte sich
    das vereinbarte Jahresentgelt von 255 € an der steuerlichen Freigrenze
    für sonstige Einkünfte, die 256 € betrug. Schließlich wurden sämtliche
    Werbemietverträge mit Arbeitnehmern abgeschlossen und nicht mit Dritten.

  • Für eine Zuordnung zu den sonstigen Einkünften genügte es
    nicht, dass die Klägerin nicht mit jedem Arbeitnehmer einen Werbemietvertrag
    abgeschlossen hatte. Für eine Zuordnung zu den sonstigen Einkünften genügte es
    ebenfalls nicht, dass gesonderte Werbemietverträge abgeschlossen worden waren.

Hinweise: Die Gesamtwürdigung
für die Zuordnung der Zahlungen nimmt nicht der BFH vor, sondern das
Finanzgericht in der ersten Instanz. Der BFH überprüft diese Würdigung nur auf
Schlüssigkeit.

Aus Sicht der Klägerin und ihrer Arbeitnehmer wäre eine Zuordnung
zu den sonstigen Einkünften vorteilhaft gewesen. Denn hier hätte eine
Freigrenze von 256 € gegolten, die nicht überschritten worden war; die
Zahlung des Arbeitgebers wäre dann steuerfrei gewesen.

Quelle: BFH, Beschluss v. 21.6.2022 – VI R 20/20;
NWB