Ein gewerblicher Grundstückshandel
kann nach den konkreten Umständen des Einzelfalls zu verneinen sein, wenn eine
Vermietungs-GmbH 15 Grundstücke mit mehr als 145 Wohn- und Geschäftseinheiten
kauft und diese erst sechs bzw. acht Jahre danach verkauft, weil einer der
beiden Gesellschafter-Geschäftsführer überraschend verstorben ist. Der
Vermietungs-GmbH steht dann die sog. erweiterte Gewerbesteuerkürzung zu, so
dass ihr Gewinn aus der Vermietungstätigkeit sowie aus dem Verkauf der
Grundstücke nicht der Gewerbesteuer unterliegt.

Hintergrund: Unternehmen,
die nur aufgrund ihrer Rechtsform als Kapitalgesellschaft oder aufgrund ihrer
gewerblichen Prägung als GmbH & Co. KG gewerbesteuerpflichtig sind,
tatsächlich aber ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalten
und nutzen
, können eine sog. erweiterte Gewerbesteuerkürzung
beantragen. Der Ertrag aus der Grundstücksverwaltung und -nutzung sowie aus dem
Verkauf der vermieteten Immobilie unterliegt dann nicht der Gewerbesteuer. Die
erweiterte Kürzung wird nicht gewährt, wenn die Immobiliengesellschaft einen
gewerblichen Grundstückshandel betreibt.

Sachverhalt: Die Klägerin
war eine GmbH, die im Jahr 2007 von B und C gegründet wurde, die auch
Geschäftsführer der Klägerin waren. Unternehmensgegenstand der Klägerin war die
Vermietung von Immobilien. Die Klägerin erwarb im Jahr 2007 15 Immobilien mit
insgesamt mehr als 145 Wohn- und Geschäftseinheiten. Der
Gesellschafter-Geschäftsführer C verstarb im Jahr 2012 überraschend im Alter
von 55 Jahren, so dass B nun alleiniger Geschäftsführer war. Die Klägerin
veräußerte daraufhin im Jahr 2013 dreizehn Immobilien und im Jahr 2015 zwei
Immobilien. Sie beantragte für die Streitjahre 2011 und 2013 die erweiterte
Gewerbesteuerkürzung, die das Finanzamt unter Hinweis auf einen gewerblichen
Grundstückshandel der Klägerin ablehnte.

Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) gab der hiergegen gerichteten Klage statt:

  • Die Klägerin betrieb keinen
    gewerblichen Grundstückshandel, sondern war nur vermögensverwaltend tätig.

  • Ein gewerblicher
    Grundstückshandel wird nach der Rechtsprechung auf der Grundlage der sog.
    Drei-Objekt-Grenze typisierend angenommen, wenn der Steuerpflichtige
    innerhalb von fünf Jahren nach dem Erwerb
    der Grundstücke mehr als drei Immobilien veräußert. Die Klägerin hat die
    Drei-Objekt-Grenze nicht überschritten, da sie erst im sechsten Jahr nach dem
    Erwerb der Immobilien Grundstücke veräußert hat.

  • Allerdings kann ein
    gewerblicher Grundstückshandel auch dann vorliegen, wenn erst
    nach Ablauf der fünf Jahre in relativ kurzer
    Zeit planmäßig weitere Immobilien veräußert werden oder wenn viele Immobilien
    nach Ablauf der fünf Jahre veräußert werden oder wenn der Steuerpflichtige im
    Baubereich hauptberuflich tätig ist, also eine Nähe zum Grundstückshandel
    aufweist.

  • Im Streitfall
    lag keiner dieser Fälle vor.
    Dies hat das Finanzgericht (FG)
    als Vorinstanz aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls angenommen; an
    diese Würdigung des FG ist der BFH gebunden, da sie möglich ist und da das FG
    bei seiner Würdigung keine Verfahrens- oder Denkfehler begangen hat. So hat das
    FG zugunsten der Klägerin den Umstand berücksichtigt, dass die Klägerin
    innerhalb des Fünf-Jahreszeitraums keine Immobilie veräußert hat und auch keine
    Grundstücksveräußerung für die Zeit nach Ablauf des Fünf-Jahreszeitraums
    vorbereitet hat. Indizien für eine – von Anfang an bestehende –
    bedingte Veräußerungsabsicht gab es nicht. Wesentlicher Grund für die
    Veräußerung der Immobilien in den Jahren 2013 und 2015 war nach der
    Sachverhaltswürdigung durch das FG der überraschende Tod des Geschäftsführers C
    im Jahr 2012.

Hinweise: Wird die
Drei-Objekt-Grenze überschritten, spielt es grundsätzlich keine Rolle, weshalb
die Immobilien innerhalb des Fünfjahreszeitraums verkauft wurden. Daher gehen
auch Verkäufe aufgrund einer persönlichen oder finanziellen Notlage, z.B. wegen
Überschuldungsgefahr oder Scheidung, in die Ermittlung der im
Fünfjahreszeitraum veräußerten Objekte ein. Im Streitfall ging es jedoch nicht
um Verkäufe innerhalb des Fünfjahreszeitraums, sondern um
Grundstücksveräußerungen nach Ablauf des Fünfjahreszeitraums. Der BFH hat es
nicht beanstandet, dass das FG hier die besonderen Beweggründe für den Verkauf
berücksichtigt hat, nämlich den überraschenden Tod des
Gesellschafter-Geschäftsführers C.

Zu beachten ist, dass sich der BFH
auf die Sachverhaltswürdigung durch das FG stützt. Es ist denkbar, dass ein
anderes FG den Sachverhalt anders würdigen und zu einer Klageabweisung gelangen
würde. Solange die Sachverhaltswürdigung durch das FG nicht fehlerhaft und
möglich ist, kann der BFH die Sachverhaltswürdigung des FG nicht durch eine
eigene Würdigung ersetzen.

Quelle: BFH, Beschluss vom
20.3.2025 – III R 14/23; NWB