Eine rückwirkende Rechnungsberichtigung, die einen rückwirkenden
Vorsteuerabzug ermöglicht, ist nicht möglich, wenn die ursprüngliche Rechnung
wegen eines Irrtums über die Umsatzsteuerbarkeit keine Umsatzsteuer enthielt.
Hintergrund: Der Vorsteuerabzug
setzt u.a. eine ordnungsgemäße Rechnung voraus. Ist die Rechnung fehlerhaft
oder unvollständig, kann sie berichtigt werden. Die Berichtigung wirkt
grundsätzlich zurück, d.h. auf das Jahr, in dem die fehlerhafte bzw.
unvollständige Rechnung erstellt worden ist. Der Vorsteuerabzug ist dann von
vornherein möglich.
Sachverhalt: Die Klägerin war
eine in Luxemburg gegründete Kapitalgesellschaft und gehörte zur
Unternehmensgruppe X. Die Geschäftsleitung der Klägerin befand sich in
Deutschland. Im Jahr 2012 bezog die Klägerin Leistungen von anderen Unternehmen
der X. In deren Rechnungen war keine Umsatzsteuer ausgewiesen, weil die
leistenden Unternehmer davon ausgingen, dass die Leistung am Sitz der Klägerin
in Luxemburg erbracht worden sei. Nach einer Außenprüfung bejahte das Finanzamt
aufgrund der in Deutschland ansässigen Geschäftsleitung der Klägerin aber die
Umsatzsteuerbarkeit der Leistungen. Daraufhin berichtigten die leistenden
Unternehmer ihre Rechnungen im Jahr 2016 und wiesen nunmehr Umsatzsteuer
gesondert aus. Die Klägerin machte die ausgewiesene Umsatzsteuer rückwirkend
für 2012 als Vorsteuer geltend.
Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) hielt eine rückwirkende Rechnungsberichtigung für
unzulässig und wies die Klage ab:
-
Zwar kann eine fehlerhafte oder unvollständige Rechnung
grundsätzlich mit Rückwirkung berichtigt werden. Dies setzt aber die
Berichtigungsfähigkeit der Rechnung voraus;
hierfür muss die Rechnung Angaben zum Rechnungsaussteller, zum
Leistungsempfänger, zur Leistungsbeschreibung, zum Entgelt und zur gesondert
ausgewiesenen Umsatzsteuer enthalten. -
Die Rechnungen aus dem Jahr 2012 erfüllten diese Anforderungen
nicht. Denn sie enthielten keine gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer. Die
Klägerin kann nicht im Wege der Rückwirkung beanspruchen, eine Vorsteuer im
Jahr 2012 abzuziehen, die ihr erstmalig im Jahr 2016 in Rechnung gestellt
worden ist. -
Außerdem lässt sich den im Jahr 2012 erstellten Rechnungen
nicht entnehmen, ob der in ihnen genannte Rechnungsbetrag ein Brutto- oder
Nettobetrag sein sollte, falls nachträglich Umsatzsteuer anfallen sollte. Über
diese Frage konnte erstmals im Rahmen der Rechnungsberichtigung entschieden
werden.
Hinweise: Der BFH macht
deutlich, dass eine Rechnung ohne Ausweis der Umsatzsteuer nicht rückwirkend
berichtigt werden kann. Die Vorsteuer ist für den Leistungs- und
Rechnungsempfänger daher erst im Jahr der Berichtigung abziehbar; im Streitfall
war dies das Jahr 2016.
Erschwerend kam im aktuellen Fall hinzu, dass die Klägerin im Jahr
2012 in Deutschland noch nicht umsatzsteuerlich erfasst war, da sie weder
umsatzsteuerlich registriert war noch Umsatzsteuervoranmeldungen in Deutschland
abgegeben hatte. Ein rückwirkender Vorsteuerabzug im Jahr 2012 wäre daher
ungerechtfertigt.
Quelle: BFH, Urteil v. 7.7.2022 – V R 33/20; NWB
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