Die erweiterte Kürzung bei der Gewerbesteuer wird einer
		Vermietungsgenossenschaft nicht gewährt, wenn sie Gewerberäume an ein
		Genossenschaftsmitglied vermietet. Dies gilt auch dann, wenn das Mitglied nur
		geringfügig mit 0,016 % an der Genossenschaft beteiligt ist und wenn der Gewinn
		des Mitglieds aus seinem Gewerbebetrieb unter dem Gewerbesteuerfreibetrag
		liegt. 
Hintergrund: Unternehmen, die
		wie z.B. eine GmbH oder eine typische GmbH & Co. KG bereits aufgrund ihrer
		Rechtsform oder ihrer gewerblichen Prägung gewerbesteuerpflichtig sind,
		tatsächlich aber ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalten und nutzen,
		können eine sog. erweiterte Gewerbesteuerkürzung beantragen, so dass der Ertrag
		aus der Grundstücksverwaltung und -nutzung nicht der Gewerbesteuer unterliegt.
		Nach dem Gesetz darf der Grundbesitz aber weder vollständig noch teilweise dem
		Gewerbebetrieb eines Gesellschafters oder Genossenschaftsmitglieds dienen.
		
Streitfall: Die Klägerin war
		eine Genossenschaft, die aufgrund ihrer Rechtsform als Genossenschaft
		gewerbesteuerpflichtig war. Sie vermietete bis 2013 ausschließlich Wohnungen
		und Gewerberäume. Unter anderem hatte sie Gewerberäume an den Einzelhändler B
		vermietet. Der Gewinn des B lag unter dem gewerbesteuerlichen Freibetrag von
		24.500 €. Im Jahr 2014 wurde B Mitglied bei der Klägerin mit einem
		Anteil von 1/6.000 (= 0,016 %), um auch eine Wohnung zu mieten. Der B war das
		einzige Genossenschaftsmitglied, das auch gewerblicher Mieter war. Das
		Finanzamt versagte ab 2014 die erweiterte Kürzung, weil der Grundbesitz
		teilweise dem Gewerbebetrieb eines Genossenschaftsmitglieds diente. 
Entscheidung: Der
		Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab: 
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Die Klägerin erfüllte zwar grundsätzlich die Voraussetzungen 
 der erweiterten Gewerbesteuerkürzung, da sie ausschließlich eigenen Grundbesitz
 verwaltete, indem sie Wohnungen und Gewerberäume vermietete.
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Allerdings war die erweiterte Kürzung ausgeschlossen, weil sie 
 den Grundbesitz teilweise an ein Genossenschaftsmitglied vermietete, der ihn
 für seinen Gewerbebetrieb nutzte. B war nämlich Genossenschaftsmitglied und
 hatte Gewerberäume für sein Einzelhandelsgeschäft gemietet.
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Unbeachtlich ist, dass B nur mit einem sehr geringfügigen 
 Anteil an der Klägerin beteiligt war, nämlich mit 0,166 %. Das Gesetz sieht
 keine Bagatellgrenze vor, um
 Abgrenzungsschwierigkeiten über den Begriff der Geringfügigkeit zu vermeiden.
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Ebenso ist es irrelevant, dass die Klägerin auch nur einen 
 äußerst geringen Anteil ihres Grundbesitzes an ein Genossenschaftsmitglied für
 dessen Gewerbebetrieb vermietet hat. Jede auch noch so geringe Nutzung des
 Grundbesitzes für den Gewerbebetrieb eines Gesellschafters oder eines
 Genossenschaftsmitglieds ist schädlich. Auch eine nur kurzfristige Vermietung
 für zwei Tage wäre schädlich.
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Ferner ist die Vermietung der Gewerberäume an B auch nicht 
 deshalb gewerbesteuerlich unschädlich, weil der Gewinn des B unter dem
 gewerbesteuerlichen Freibetrag von 24.500 € lag. Zum einen müsste man
 den Gewinn um die Gewerbemietaufwendungen erhöhen, um den sachlich zutreffenden
 Gewinn zugrunde zu legen. Zum anderen käme es bei der Klägerin zu zufälligen
 Ergebnissen je nach Höhe des Jahresgewinns des B; zudem könnte sich der Gewinn
 auch nachträglich noch aufgrund einer Außenprüfung ändern, so dass dann eine
 Anpassung des Gewerbesteuermessbescheids der Klägerin erforderlich würde.
Hinweise: Das Problem entstand
		im Streitfall erst im Jahr 2014, weil B in diesem Jahr Genossenschaftsmitglied
		wurde und bereits Gewerberäume von der Klägerin für sein Einzelhandelsgeschäft
		gemietet hatte. Die bloße Anmietung der Gewerberäume bis 2013 war unschädlich,
		weil B bis 2013 ein außenstehender Dritter und kein Genossenschaftsmitglied
		war. Die Klägerin hätte den B also nicht als Genossenschaftsmitglied aufnehmen
		dürfen oder vorher die Vermietung der Gewerberäume an ihn beenden müssen.
		
Bagatellgrenzen hat der BFH abgelehnt. Allerdings wäre die
		Anmietung der Gewerberäume durch ein Genossenschaftsmitglied oder einen
		Gesellschafter dann unschädlich, wenn dieser gewerbesteuerbefreit tätig wäre.
		
Der BFH weist darauf hin, dass nur der Gesetzgeber eine Ausnahme
		für Bagatellfälle einführen könnte. 
Quelle: BFH, Urteil v. 29.6.2022 – III R 19/21;
		NWB
 
					 
												
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