Ungeklärte Vermögenszuwächse beim Gesellschafter der GmbH, die sich
aufgrund einer bei ihm durchgeführten Geldverkehrsrechnung ergeben, und
verdeckte Einlagen des GmbH-Gesellschafters in die GmbH berechtigen das
Finanzamt nicht zu einer Hinzuschätzung bei der GmbH. Denn die ungeklärten
Vermögenszuwächse können aus eigenen Geschäften des GmbH-Gesellschafters
resultieren, die dieser an der GmbH vorbei getätigt hat.

Dies ist eine unlizenzierte Version der NWB WebNews und nur zu Testzwecken geeignet.

Hintergrund: Hat das Finanzamt
Zweifel, ob der Unternehmer alle Erlöse versteuert hat, kann es eine
Geldverkehrsrechnung durchführen. Dabei prüft es insbesondere, ob die für den
Lebensunterhalt benötigten und ausgegebenen finanziellen Mittel mit den
erklärten Einkünften oder steuerfreien Bezügen bzw. Darlehen finanziert werden
konnten. Falls nicht, ist dies ein Indiz für unversteuerte Einnahmen.

Streitfall: Die Klägerin war
eine GmbH, die auch Bargeschäfte tätigte. Im Rahmen einer Außenprüfung stellte
der Prüfer Aufzeichnungsmängel bei den Kasseneinnahmen fest. Außerdem stellte
er fest, dass der Alleingesellschafter A Bareinlagen in die Klägerin getätigt
hatte. Der Prüfer führte daraufhin beim A eine Geldverkehrsrechnung durch und
ermittelte ungeklärte Vermögenszuwächse beim Gesellschafter. So stellte er etwa
nicht versteuerte Silberverkäufe des A aus den neunziger Jahren fest. Der
Prüfer erhöhte daraufhin den Gewinn der Klägerin und setzte beim A verdeckte
Gewinnausschüttungen als Kapitaleinkünfte an.

Entscheidung: Das Finanzgericht
Münster (FG) gab der Klage der GmbH überwiegend statt:

  • Die beim A aufgrund der Geldverkehrsrechnung ermittelten
    ungeklärten Vermögenszuwächse sowie die verdeckten Einlagen des A berechtigten
    nicht zu einer Erhöhung des Gewinns der Klägerin. Denn aus den ungeklärten
    Vermögenszuwächsen des A sowie aus den verdeckten Bareinlagen des A ergibt sich
    nicht zwingend, dass die GmbH Betriebseinnahmen nicht erfasst hat.

  • So ist es durchaus möglich, dass der Gesellschafter eigene
    Geschäfte an der GmbH vorbei getätigt hat und diese nicht versteuert hat. Die
    Hinzuschätzung bei der GmbH ist auch dann rechtswidrig, wenn der A bei der
    Aufklärung seiner Vermögenszuwächse nicht ausreichend mitgewirkt hat.

  • Die Aufzeichnungsmängel bei den Bareinnahmen rechtfertigten
    aber durchaus eine Hinzuschätzung bei der Klägerin, allerdings nur in Höhe von
    1,5 % der Umsätze. Die bei A durchgeführte Geldverkehrsrechnung wirkte sich auf
    diesen Hinzuschätzungsbetrag nicht aus.

Hinweise: Die Frage bleibt
offen, wo die Vermögenszuwächse des A herkamen. Um die Herkunft dieser
finanziellen Mittel aber bei der Klägerin annehmen zu können, hätte das
Finanzamt konkrete Feststellungen treffen müssen, aus denen sich unversteuerte
Einnahmen der Klägerin ergeben. Oft beschränkt sich das Finanzamt aber auf die
Vermutung, dass das Geld, das der Kläger für sich verwendet hat, von seiner
GmbH gekommen sein muss. Die aktuelle Entscheidung zeigt, dass es sich lohnen
kann, gegen derartige Vermutungen gerichtlich vorzugehen.

Der Klageerfolg der GmbH führt im Ergebnis dazu, dass auch beim A
keine verdeckte Gewinnausschüttung angesetzt werden kann. Die Änderung des
Körperschaftsteuerbescheids der Klägerin ermöglicht eine Änderung des
Einkommensteuerbescheids des A.

Quelle: FG Münster, Urteil v.
18.5.2022 – 10 K 261/17 K, U; NWB