Mieterabfindungen, die nach der Anschaffung einer vermieteten
Immobilie an die Mieter gezahlt werden, damit die Mieter ausziehen und die
Immobilie renoviert werden kann, gehören zu den anschaffungsnahen Aufwendungen,
wenn die Aufwendungen für die Renovierung zusammen mit den Mieterabfindungen
innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung mehr als 15 % des auf das
Gebäude entfallenden Wertes betragen. Die Mieterabfindungen sind dann nicht
sofort in voller Höhe steuerlich absetzbar, sondern können nur zusammen mit dem
Gebäude über dessen Nutzungsdauer abgeschrieben werden.

Hintergrund: Zu den
Herstellungskosten eines Gebäudes gehören auch sog. anschaffungsnahe
Aufwendungen. Dies sind Kosten für Modernisierungs- und
Instandsetzungsmaßnahmen, die innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung
des Gebäudes durchgeführt werden und 15 Prozent der Anschaffungskosten des
Gebäudes übersteigen. Anschaffungsnahe Aufwendungen können also nicht sofort
von der Steuer abgesetzt werden, sondern werden zusammen mit dem Gebäude über
dessen Nutzungsdauer abgeschrieben.

Sachverhalt: Die Klägerin war
eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) und erwarb 2016 ein vermietetes
Mehrfamilienhaus. Auf das Gebäude entfiel ein Kaufpreis von ca. 830.000
€. In den folgenden drei Jahren renovierte die Klägerin das Gebäude und
wandte hierfür ca. 615.000 € auf. Um die Renovierung zügig durchführen
zu können, zahlte sie an die Mieter im Jahr 2017 Abfindungen in Höhe von 35.000
€ für deren Auszug. Die Klägerin machte die Mieterabfindungen in voller
Höhe als Werbungskosten des Jahres 2017 geltend. Das Finanzamt behandelte die
Mieterabfindungen hingegen als anschaffungsnahe Aufwendungen und verteilte sie
auf die Nutzungsdauer des Gebäudes.

Entscheidung: Das Finanzgericht
Münster (FG) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:

  • Zwar handelt es sich bei den Mieterabfindungen nicht
    unmittelbar um Kosten für Baumaßnahmen, die nach dem Gesetz zu
    anschaffungsnahen Aufwendungen führen können. Die Mieterabfindungen standen
    aber in einem engen wirtschaftlichen Zusammenhang mit den Baumaßnahmen; denn
    die Abfindungen dienten dazu, die Mieter zum Auszug zu bewegen, damit die
    Baumaßnahmen ungehindert durchgeführt werden konnten.

  • Zudem dient die Einstufung als anschaffungsnahe Aufwendungen
    dem Zweck der Regelung. Es soll nämlich der Käufer einer
    renovierungsbedürftigen und daher preiswerteren Immobilie, der nach dem Kauf
    Baumaßnahmen durchführt, demjenigen Käufer gleichgestellt werden, der eine
    instandgesetzte Immobilie zu einem höheren Preis erwirbt und den Kaufpreis nur
    über die Nutzungsdauer von 50 % Jahren (bei Zugehörigkeit zum Privatvermögen)
    oder 33,3 Jahren (bei Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen, sofern die Immobilie
    nicht Wohnzwecken dient) abschreiben kann. Ohne die Regelung zu den
    anschaffungsnahen Aufwendungen würde es sich steuerlich lohnen, eine
    renovierungsbedürftige Mietimmobilie oder betrieblich genutzte Immobilie zu
    erwerben, um den anschließenden Aufwand für die Renovierung oder Modernisierung
    bzw. Instandsetzung sogleich steuerlich absetzen zu können.

  • Im Streitfall lagen die Gesamtaufwendungen für die Renovierung
    und die Mieterabfindungen über der 15 %-Grenze und wurden auch innerhalb von
    drei Jahren nach Anschaffung des Gebäudes getätigt.

Hinweise: Das FG hat die
Revision zum Bundesfinanzhof (BFH) zugelassen, so dass der BFH abschließend
entscheiden muss. Bislang werden Mieterabfindungen im Steuerrecht nicht
einheitlich behandelt, sondern es hängt davon ab, ob die Mieterabfindung dazu
dient, dass nach dem Auszug des Mieters das Gebäude abgerissen und durch einen
Neubau ersetzt werden kann (Behandlung als Herstellungskosten des neuen
Gebäudes), oder ob die Mieterabfindung den Wechsel des Mieters ermöglichen soll
(Behandlung als sofort abziehbare Aufwendungen). Im Streitfall wurde mit der
Mieterabfindung nun ein dritter Zweck verfolgt, nämlich die Durchführung einer
Renovierung im Anschluss an den Erwerb.

FG Münster, Urteil v. 12.11.2021 – 4 K 1941/20 F, Rev. beim BFH: IX
R 29/21; NWB