Das Bundesverfassungsgericht
		(BVerfG) hält die sog. Mindestbesteuerung, nach der Verluste im Streitjahr 2008
		nur maximal bis zur Höhe von 1 Mio. € mit einem Gewinn des Folgejahres
		verrechnet werden dürfen und der darüber hinausgehende Gewinn trotz vorhandenen
		Verlustvortrags mit 40 % versteuert werden muss, für verfassungsgemäß.
		
Hintergrund:
		Grundsätzlich kann ein Verlust mit positiven Einkünften eines Folgejahres
		verrechnet werden. Der Gesetzgeber hat jedoch eine Höchstgrenze von 1 Mio.
		€ eingeführt. Eine Verlustverrechnung kann uneingeschränkt nur in Höhe
		von 1 Mio. € erfolgen; darüber hinaus kann der Verlust nach der
		Rechtslage bis einschließlich 2023 nur zu 60 % ausgeglichen werden, so dass 40
		% der positiven Einkünfte des Folgejahres versteuert werden müssen; dies nennt
		man Mindestbesteuerung, die es bei der Einkommen-, Körperschaft- und
		Gewerbesteuer gibt. 
Beispiel: A erzielt im
		Jahr 01 einen Verlust in Höhe von 2 Mio. € und im Folgejahr einen Gewinn
		in Höhe von 2 Mio. €. Er kann von dem Gewinn des Jahres 02 einen Verlust
		aus 01 in Höhe von 1 Mio. € abziehen sowie darüber hinaus noch 600.000
		€ (nämlich 60 % des übersteigenden Betrags). Daher muss er 400.000
		€ Gewinn im Jahr 02 versteuern. Ihm verbleibt aber noch ein
		Verlustvortrag von 400.000 €, den er in den Folgejahren ab 03 noch
		nutzen kann. Zur geänderten Rechtslage ab 2024 s. Hinweise unten. 
Sachverhalt: Die B-GmbH
		hatte zum 31.12.2004 aus der Abschreibung einer hohen Forderung einen Verlust
		in Höhe von ca. 46 Mio. € erlitten. Zwei Jahre später buchte sie die
		Forderung wieder ein und wies für das Jahr 2006 einen Gewinn in Höhe von ca. 75
Mio. € aus. Sowohl bei der Körperschaftsteuer als auch bei der
		Gewerbesteuer kam es nun zu einer Mindestbesteuerung im Jahr 2008, da im Jahr
		2008 der sog. Abwicklungszeitraum der zwischenzeitlich insolvent gewordenen
		B-GmbH endete. Der Fall kam zum Bundesfinanzhof, der im Jahr 2014 das BVerfG
		anrief, weil er die Mindestbesteuerung für verfassungswidrig hielt. 
Entscheidung: Das BVerfG
		hält die Mindestbesteuerung für verfassungsgemäß:
- 
Die Mindestbesteuerung führt
zwar zu einer Ungleichbehandlung von Steuerpflichtigen, deren Verlustvorträge
maximal 1 Mio. € betragen, gegenüber Steuerpflichtigen, deren
Verlustvortrag höher als 1 Mio. € ist. Denn nur bei den
Steuerpflichtigen, deren Verlustvortrag höher ist als 1 Mio. €, droht
eine Mindestbesteuerung. - 
Diese Ungleichbehandlung ist
aber durch sachliche Gründe gerechtfertigt.
Denn die Mindestbesteuerung dient der kontinuierlichen und gegenwartsnahen
Besteuerung als sog. besonderem Fiskalzweck. Der Gesetzgeber wollte mit der
Mindestbesteuerung sicherstellen, dass trotz hoher Verlustvorträge Steuern
gezahlt werden. - 
Der sog. Sockelbetrag in Höhe
von 1 Mio. € ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden; denn er
knüpft an die Größenordnung an, die im Mittelstandsbereich vorkommt. - 
Die Mindestbesteuerung ist
auch dann verfassungsgemäß, wenn der Verlustvortrag, der wegen Überschreitung
des Sockelbetrags von 1 Mio. € nicht vollständig genutzt werden konnte,
endgültig untergeht, weil z.B. das Unternehmen in Insolvenz geht oder aus
anderen Gründen der Betrieb eingestellt wird. Ein solcher
„Definitivverlust“, d.h. endgültiger Verlustuntergang, ist nämlich
keine unmittelbare Folge der Mindestbesteuerung, sondern Ausfluss des
allgemeinen Unternehmerrisikos. So kann es auch bei einem Unternehmen, das
einen Verlustvortrag von weniger als 1 Mio. € hat, zu einem sog.
Definitivverlust kommen, weil es etwa keine Gewinne mehr erzielt oder den
Betrieb einstellen muss. 
Hinweise: Die
		Mindestbesteuerung greift in der Regel bei Unternehmen mit hohen Verlusten und
		Gewinnen, wenn z.B. ein Unternehmen, das über Jahre hohe Verluste erzielt hat,
		seinen Betrieb einstellt und sein Anlagevermögen bei der Betriebsaufgabe mit
		hohem Gewinn verkauft (z.B. ein Leasingunternehmen, das Flugzeuge verleast).
		Die Mindestbesteuerung ist nicht auf Unternehmer beschränkt, sondern gilt für
		alle Steuerpflichtigen, die über hohe Verlustvorträge verfügen und diese in
		einem Folgejahr mit hohen positiven Einkünften (z.B. aus Vermietung und
		Verpachtung) verrechnen wollen. 
In den Veranlagungszeiträumen 2024
		bis 2027 ist die Mindestbesteuerung für die Einkommen- und Körperschaftsteuer
		von 40 % auf 30 % gesenkt worden.
Quelle: BVerfG, Beschluss vom
		23.7.2025 – 2 BvL 19/14; NWB
					
												
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