Für die Prüfung der Gewinnerzielungsabsicht ist auch ein möglicher
Gewinn aus der späteren Betriebsveräußerung oder Betriebsaufgabe einzubeziehen.
Die Einbeziehung dieses Gewinns setzt nicht voraus, dass der spätere Gewinn
bereits in einem Betriebskonzept berücksichtigt worden ist.

Hintergrund: Die
Berücksichtigung von Einkünften bei der Steuerfestsetzung erfordert eine
Einkünfteerzielungsabsicht. Bei sog. Gewinneinkünften wie z.B. den Einkünften
aus Gewerbebetrieb oder aus selbständiger Arbeit spricht man auch von der
Gewinnerzielungsabsicht. Der Steuerpflichtige muss also die Absicht haben, aus
seiner Betätigung einen sog. Totalgewinn zu erzielen. Fehlt die
Einkünfteerzielungsabsicht, spricht man von Liebhaberei. Es bleiben dann
insbesondere die geltend gemachten Verluste außer Ansatz.

Sachverhalt: Der Familie des
Klägers gehörte seit dem 19. Jahrhundert eine Burg, die der Kläger im Jahr 2005
nach der deutschen Wiedervereinigung zurückerwarb. Der Kläger plante, die Burg
wieder instand zu setzen und anschließend gewerblich zu nutzen, indem er z.B.
die Säle für Veranstaltungen vermieten wollte. Der Kläger beantragte im Jahr
2008 mit Erfolg Fördermittel und ließ für den Antrag durch einen Architekten
eine Maßnahmenbeschreibung und Kostenschätzung erstellen. In den Jahren 2012
und 2013 musste die Sanierung wegen einer erheblichen Schadstoffbelastung
unterbrochen worden. Das Finanzamt führte eine Außenprüfung durch und verneinte
für die Streitjahre 2008 bis 2016 die Gewinnerzielungsabsicht. Der Kläger
reichte im Einspruchsverfahren ein Bewirtschaftungskonzept ein, das von einer
Unternehmensberatung erstellt worden war; in diesem Konzept war ein möglicher
Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinn nicht enthalten. Im Jahr 2021 wurde der Fall
vor dem Finanzgericht (FG) verhandelt; zu diesem Zeitpunkt war die Sanierung
noch nicht abgeschlossen. Das FG wies die Klage ab, weil sich für den
Prognosezeitraum ein Totalverlust ergeben habe; dabei berücksichtigte das FG
einen möglichen Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinn nicht, weil er in dem
Betriebskonzept nicht enthalten war.

Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) verwies die Sache zur weiteren Aufklärung an das FG
zurück:

  • Die Ermittlung des voraussichtlichen Totalgewinns durch das FG
    war fehlerhaft. Denn das FG hätte einen voraussichtlichen zukünftigen
    Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinn oder -verlust einbeziehen müssen. Ist eine
    Betriebsveräußerung nicht zu erwarten, ist
    ein fiktiver Aufgabegewinn bei der
    Ermittlung des voraussichtlichen Totalgewinns
    anzusetzen.

  • Der Ansatz eines voraussichtlichen zukünftigen Veräußerungs-
    bzw. Aufgabegewinns oder -verlustes kann nicht deshalb außer Ansatz bleiben,
    weil er in dem von der Unternehmensberatung erstellten Betriebskonzept nicht
    aufgeführt war; denn ein Steuerpflichtiger kann im Zeitpunkt der
    Betriebseröffnung noch gar wissen, ob es künftig zu einer Wertsteigerung seines
    Unternehmens kommen wird, so dass es bei Aufgabe oder Veräußerung des Betriebs
    zu einem Gewinn kommen könnte.

  • Das FG muss im weiteren Verlauf des Klageverfahrens nun den
    voraussichtlichen Totalgewinn neu ermitteln, dabei auch einen voraussichtlichen
    Gewinn oder Verlust aus einer Veräußerung oder Aufgabe des Betriebs einbeziehen
    und prüfen, ob der Kläger die Fördermittel im Fall einer Veräußerung
    zurückzahlen müsste.

Hinweise: Bei der Prüfung der
Gewinnerzielungsabsicht wird nicht nur der voraussichtliche Totalgewinn bzw.
-verlust ermittelt, sondern auch geprüft, ob es für den Steuerpflichtigen
persönliche Gründe oder Neigungen im Bereich seiner Lebensführung gibt, weshalb
er die verlustbringende Tätigkeit ausübt.

Ergibt sich nach der Gewinnprognose ein negativer Totalgewinn,
führt dies nicht zwingend zur Verneinung der Gewinnerzielungsabsicht. Denn der
Steuerpflichtige kann ja dennoch mit einem positiven Gesamtergebnis gerechnet
haben. In einem solchen Fall wird dann geprüft, ob die Tätigkeit des
Steuerpflichtigen zum persönlichen Bereich, dem sog. Hobbybereich, gehört und
ob der Steuerpflichtige im Fall einer längeren Verlustdauer geeignete Maßnahmen
ergriffen hat, um die Verluste künftig zu verhindern.

Quelle: BFH, Urteil vom 21.5.2025 – III R 45/22; NWB