Zwar kann ein grunderwerbsteuerbarer Vertrag rückgängig gemacht
werden, so dass die Grunderwerbsteuer wegfällt. Zur Rückgängigmachung gehört
aber grundsätzlich auch die Löschung einer zugunsten des Käufers eingetragenen
Auflassungsvormerkung. Unterbleibt die Löschung, bleibt die Grunderwerbsteuer
aber nur dann bestehen, wenn die Auflassungsvormerkung von der Käuferin oder
ihren Gesellschaftern bzw. Geschäftsführern in eigenem wirtschaftlichem
Interesse verwertet worden ist, indem die Käuferin z.B. Einfluss auf eine
Weiterveräußerung genommen hat.

Hintergrund: Grunderwerbsteuer
entsteht grundsätzlich mit Abschluss eines Grundstückskaufvertrags. Der
Gesetzgeber lässt bei Rückgängigmachung des Grundstückskaufvertrags innerhalb
von zwei Jahren allerdings eine Aufhebung der Grunderwerbsteuer zu.

Sachverhalt: Die Klägerin war
eine GmbH, deren Geschäftsführer und mittelbar beteiligte Gesellschafter G und
H waren. Die Klägerin erwarb von der Verkäuferin V mit Kaufvertrag vom 5.7.2016
ein Grundstück zum Kaufpreis von ca. 6,3 Mio. €. Zugunsten der Klägerin
wurde im Grundbuch eine Auflassungsvormerkung eingetragen. Das Finanzamt setzte
gegenüber der Klägerin Grunderwerbsteuer in Höhe von ca. 380.000 € fest.
Am 9.5.2017 hoben die Klägerin und V den Kaufvertrag auf. In dem
Aufhebungsvertrag beantragten die Klägerin und V die Löschung der
Auflassungsvormerkung; allerdings sollte der Notar den Aufhebungsvertrag erst
dann dem Grundbuchamt vorlegen, wenn V den Kaufpreis zurückzahlt. Die
Rückzahlung erfolgte in der Folgezeit nicht. Vielmehr erwarben nun G und H am
29.6.2017 das Grundstück von V zum Preis von ebenfalls 6,3 Mio. €. G und
H zahlten den Kaufpreis im sog. abgekürzten Leistungsweg unmittelbar an die
Klägerin. Für den Vertrag vom 29.6.2017 wurde gleichfalls Grunderwerbsteuer
festgesetzt. Am 15.1.2018 wurde die Löschung der Auflassungsvormerkung
beantragt; die Löschung erfolgte am 18.6.2018. Die Klägerin beantragte die
Aufhebung der Grunderwerbsteuer aufgrund der Rückgängigmachung des
Kaufvertrags. Das Finanzamt lehnte diesen Antrag ab.

Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:

  • Die Aufhebung der Grunderwerbsteuer setzt neben einem Antrag
    voraus, dass der Grundstückskaufvertrag innerhalb von zwei Jahren seit
    Entstehung der Steuer rückgängig gemacht wird. Die Rückgängigmachung verlangt,
    dass der Erwerber über das Grundstück nicht mehr verfügen kann, sondern der
    Verkäufer seine ursprüngliche Rechtsstellung wiedererlangt.

  • Die Rückgängigmachung setzt grundsätzlich auch die Löschung
    einer Auflassungsvormerkung voraus, die zugunsten des Käufers eingetragen
    worden ist. Der Käufer muss dem Verkäufer zumindest eine formwirksame
    Löschungsbewilligung erteilen, über die der Verkäufer frei verfügen kann.

  • Im Streitfall war zwar die Löschungsbewilligung im
    Aufhebungsvertrag vom 9.5.2017 erteilt worden, aber der Antrag auf Löschung war
    noch von der Rückzahlung des Kaufpreises durch V an die Klägerin abhängig.
    Solange V den Kaufpreis an die Klägerin nicht zurückzahlte, blieb die
    Auflassungsvormerkung im Grundbuch stehen und beeinträchtigte die
    Verkehrsfähigkeit des Grundstücks. Allerdings steht die weiterhin im Grundbuch
    eingetragene Auflassungsvormerkung der Aufhebung der Grunderwerbsteuer nur dann
    entgegen, wenn die Klägerin die zu ihren Gunsten eingetragene
    Auflassungsvormerkung in ihrem eigenen wirtschaftlichen Interesse verwertet
    hat.

  • Eine derartige Verwertung ist durch die Klägerin im Streitfall
    erfolgt; denn sie hatte aufgrund der ihr noch zustehenden Auflassungsvormerkung
    Einfluss auf die Weiterverwertung des Grundstücks an ihre mittelbaren
    Gesellschafter und Geschäftsführer G und H. Die Veräußerung des Grundstücks an
    G und H erfolgte, damit die Klägerin ihr Bauprojekt auf dem Grundstück
    verwirklichen konnte. Die Klägerin muss sich die Interessen ihrer
    Geschäftsführer und mittelbaren Gesellschafter G und H zurechnen lassen.

Hinweise: Die Rückgängigmachung
eines Grundstückskaufvertrags weist grunderwerbsteuerlich einige Fallstricke
auf und sollte daher stets steuerlich beraten werden. Gerade wenn das
Grundstück nicht auf den Veräußerer zurückübertragen wird, sondern gleich auf
einen Zweiterwerber weiterübertragen wird, besteht die Gefahr, dass die
Grunderwerbsteuer nicht aufgehoben wird: Die Grunderwerbsteuer bleibt nämlich
bestehen, wenn die Weiterübertragung an den Zweiterwerber – wie im
Streitfall – im Interesse des Ersterwerbers liegt. Anders ist es, wenn
der Zweiterwerber allein aufgrund eines Verlangens des Verkäufers benannt wird
oder wenn der Ersterwerber im ausschließlichen Interesse eines Dritten handelt.

Quelle: BFH, Urteil v. 25.4.2023 – II R 38/20; NWB