Ein Unternehmer kann ausnahmsweise einen sog. umsatzsteuerlichen
Direktanspruch gegen das Finanzamt haben,
der zur Minderung seiner Umsatzsteuer führt. Dies setzt u.a. voraus, dass der
Vertragspartner des Unternehmers in einer Rechnung an den Unternehmer zu
Unrecht Umsatzsteuer für eine Leistung, die bereits erbracht oder aber noch zu
erbringen ist, gesondert ausgewiesen hat. Hieran fehlt es, wenn der
Vertragspartner in einer sog. Belastungsabrechnung nur einen Minus-Nettobetrag
und eine Minus-Umsatzsteuer ausgewiesen hat.
Hintergrund: Nach der
Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) hat der Unternehmer einen
sog. Direktanspruch gegen das Finanzamt, wenn er zu viel Umsatzsteuer an seinen
Vertragspartner zahlt, weil dieser z.B. zu Unrecht den regulären
Umsatzsteuersatz statt des ermäßigten Umsatzsteuersatzes in Rechnung gestellt
hat, und der Unternehmer den zu Unrecht gezahlten Umsatzsteuerbetrag weder als
Vorsteuer geltend machen kann noch von seinem Lieferanten zurückerhält, weil
der Vertragspartner zahlungsunfähig ist oder die Einrede der Verjährung erhebt.
Sachverhalt: Die M-GmbH, die
eine umsatzsteuerliche Organgesellschaft der Klägerin war, hatte im Jahr 2006
Lieferungen an den Abnehmer A erbracht. Es kam im Jahr 2006 nun zu sog.
„Belastungen“ des A an die M-GmbH. In diesen
„Belastungen“ wurden in den Spalten mit den Überschriften
„Nettobeträge“ und „Umsatzsteuer“-Beträge aufgeführt,
die jeweils mit einem Minuszeichen versehen waren. Als Zahlungsgrund wurde in
den „Belastungen“ ein „Grundbonus“ oder
„Potentialbonus“ o.ä. genannt, der zu Zahlungen der M-GmbH an A
führte. Die Klägerin machte die in den „Belastungen“ aufgeführten
Minus-Umsatzsteuern vergeblich als Vorsteuer geltend; denn das Finanzamt ging
von einer bloßen Entgeltminderung aus und verlangte von der Klägerin im Jahr
2016 eine entsprechende Nachzahlung. Die M-GmbH verlangte von A den
Umsatzsteuerbetrag vergeblich zurück, da A bereits insolvent war. Daraufhin
machte die Klägerin als umsatzsteuerliche Organträgerin einen Direktanspruch
gegen das Finanzamt geltend.
Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab:
-
Der sog. Direktanspruch des Unternehmers gegen das Finanzamt
setzt u.a. voraus, dass sein Vertragspartner zu Unrecht
Umsatzsteuer für eine Leistung, die bereits erbracht oder
aber noch zu erbringen ist, gesondert
ausgewiesen hat. -
Hieran fehlte es. Denn A hat keine Umsatzsteuer gesondert
ausgewiesen, sondern lediglich Nettobeträge sowie Umsatzsteuer jeweils mit
einem Minusbetrag ausgewiesen. Außerdem ist auch nicht erkennbar, dass A eine
Leistung an die M-GmbH erbracht hat. Denn in den „Belastungen“
wird lediglich ein „Grundbonus“ oder „Potentialbonus“
oder ein vergleichbarer Rabatt genannt, der aber keine Leistung darstellt.
Hinweise: Beim BFH hatte bereits
der Insolvenzverwalter des A geklagt; der BFH hatte in jenem Verfahren
entschieden, dass die „Belastungen“ keine Rechnungen darstellen;
der BFH hält in seiner aktuellen Entscheidung an dieser Beurteilung fest.
Der Direktanspruch gegen das Finanzamt wird im Rahmen eines
Billigkeitsverfahrens, z.B. durch einen Antrag auf Erlass der Umsatzsteuer oder
auf Billigkeitsfestsetzung, geltend gemacht. Der Direktanspruch scheidet aus,
wenn dem Unternehmer Betrug, Missbrauch oder Fahrlässigkeit vorzuwerfen
ist.
Quelle: BFH, Beschluss vom 05.12.2024 – V R 11/23;
NWB
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