Der Bundesfinanzhof (BFH) hält es für möglich, dass das gesetzliche
Aufteilungsgebot bei Beherbergungsumsätzen gegen EU-Recht verstößt, und hat
daher in einem aktuellen Fall Aussetzung der Vollziehung gewährt. Das
Aufteilungsgebot führt dazu, dass z.B. das Entgelt für das Frühstück oder für
den Wellnessbereich in einem Hotel nicht mit 7 % ermäßigt besteuert werden
kann, sondern dem regulären Umsatzsteuersatz von 19 % unterliegt.

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Hintergrund: Der Gesetzgeber
gewährt für Übernachtungsleistungen von Hotels und Pensionen den ermäßigten
Umsatzsteuersatz von 7 %. Nach dem Gesetz gilt der ermäßigte Umsatzsteuersatz
aber nicht für Leistungen, die nicht unmittelbar der Vermietung dienen, wie
z.B. Frühstück, Schwimmbad oder Parkplatz, auch wenn diese Leistungen im
Übernachtungspreis enthalten sind.

Streitfall: Die Antragstellerin
betreibt ein Hotel und Restaurant. Im Übernachtungspreis war auch ein Frühstück
sowie der Zugang zu einem Schwimmbad enthalten. Die Antragstellerin unterwarf
ihre Umsätze des Jahres 2017 dem ermäßigten Steuersatz von 7 % und begründete
dies damit, dass sie eine einheitliche Leistung erbracht habe. Das Finanzamt
teilte den Übernachtungspreis jedoch auf und besteuerte den auf das Frühstück
und auf das Schwimmbad entfallenden Teil des Übernachtungspreises mit 19 %.
Hiergegen legte die Antragstellerin Einspruch ein und beantragte die Aussetzung
der Vollziehung, die vom Finanzamt sowie vom Finanzgericht abgelehnt wurde.

Entscheidung: Der BFH gab dem
Antrag auf Aussetzung der Vollziehung im Beschwerdeverfahren statt:

  • Nach deutschem Recht ist zwar
    eine Aufteilung des Übernachtungspreises in den Preis für die eigentliche
    Übernachtung und in den Preis für die sonstigen Leistungen wie z.B. die Nutzung
    des Schwimmbades oder das Frühstück geboten. Nach diesem Aufteilungsgebot darf
    nur der auf die Übernachtung entfallende Teil des Gesamtpreises mit dem
    ermäßigten Steuersatz von 7 % besteuert werden.

  • Das deutsche Aufteilungsgebot
    könnte allerdings mit dem Recht der EU unvereinbar sein. Der Europäische
    Gerichtshof (EuGH) hat nämlich entschieden, dass auch eine sog. einheitliche
    Leistung vorliegen kann, so dass derjenige Umsatzsteuersatz anwendbar ist, der
    für den Hauptbestandteil der Leistung gilt. Überträgt man diese Entscheidung
    auf Beherbergungsumsätze, könnte dies dazu führen, dass eine einheitliche
    Leistung vorliegt, die sich aus der Übernachtung einerseits und aus den
    unselbständigen Nebenleistungen (Frühstück, Nutzung Schwimmbad) andererseits
    zusammensetzt; es würde dann der ermäßigte Umsatzsteuersatz von 7 % für das
    Gesamtentgelt greifen, weil die Hauptleistung die Übernachtungsleistung ist,
    für die der ermäßigte Steuersatz von 7 % gilt.

  • Zu der Frage, ob ein
    Aufteilungsgebot gilt oder ob der Grundsatz der einheitlichen Leistung gilt,
    ist derzeit ein Verfahren beim EuGH anhängig. Dieses anhängige Verfahren
    rechtfertigt es, Aussetzung der Vollziehung zu gewähren.

Hinweise: Der aktuelle Fall
betrifft neben der Übernachtungsbranche auch Umsätze aus langfristiger
Vermietung. Die Vermietung ist zwar grundsätzlich umsatzsteuerfrei; dies gilt
nach dem deutschen Gesetz aber ausdrücklich nicht für die Vermietung von
Betriebsvorrichtungen. Wird ein Grundstück zusammen mit den auf dem Grundstück
befindlichen Betriebsvorrichtungen vermietet, stellt sich die Frage, ob die
Miete nach dem Aufteilungsgebot aufzuteilen ist, so dass der auf die Vermietung
der Betriebsvorrichtungen entfallende Mietteil umsatzsteuerpflichtig ist, oder
ob nach dem Grundsatz der einheitlichen Leistung die Gesamtmiete
umsatzsteuerfrei bleibt.

BFH, Beschluss v. 7.3.2022 – XI B 2/21 (AdV), NWB