Bei einer unentgeltlichen Übertragung eines Betriebs unter
Vorbehaltsnießbrauch, bei der der bisherige Betriebsinhaber den Betrieb
fortführt, kann der Übernehmer des Betriebs nicht die Buchwerte des bisherigen
Betriebsinhabers fortführen. Vielmehr gehören die auf den Übernehmer
übertragenen Wirtschaftsgüter nun zum Privatvermögen des Übernehmers. Bei einem
späteren Wegfall des Nießbrauchs und der Fortführung des Betriebs durch den
Übernehmer sind die Wirtschaftsgüter nun in das Betriebsvermögen des
Übernehmers mit dem Teilwert einzulegen.
Hintergrund: Wird ein Betrieb
unentgeltlich übertragen, kann der Erwerber nach dem Gesetz die Buchwerte des
bisherigen Betriebsinhabers fortführen. Es müssen also keine stillen Reserven,
d.h. die Differenz zwischen dem tatsächlichen (höheren) Wert und dem Buchwert,
aufgedeckt und versteuert werden.
Sachverhalt: Die Mutter des
Klägers war bis 1995 Inhaberin eines Einzelunternehmens. Zum 31.12.1995
übertrug sie ihren Betrieb unentgeltlich auf ihren Sohn, den Kläger, behielt
sich den Nießbrauch vor (sog. Vorbehaltsnießbrauch) und führte den Betrieb
fort. Nach dem Übergabevertrag gingen Gefahr, Nutzen und Lasten des Betriebs
auf den Kläger über. Zum 31.12.1999 nahm die Mutter auf Forderungen, die bis
zum 31.12.1997 entstanden waren, eine Teilwertabschreibung vor. Zum 31.12.2002
verzichtete die Mutter auf ihren Nießbrauch. Der Kläger führte den Betrieb ab
dem 1.1.2003 fort. Zum 31.12.2004 wurden die Forderungen, auf die die Mutter
zum 31.12.1997 Teilwertabschreibungen vorgenommen hatte, wieder werthaltig,
weil die Überschuldung des Schuldners im Jahr 2004 wegfiel. Das Finanzamt
erhöhte daher den Gewinn des Klägers im Jahr 2004, der hiergegen klagte.
Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) hielt eine gewinnerhöhende Wertaufholung nur dann für
möglich, wenn die Forderungen nach der Betriebsübertragung am 31.12.1995
entstanden sind. Die Richter verwiesen die Sache zur weiteren Aufklärung an das
Finanzgericht (FG) zurück:
Sollten die Forderungen bis zum 31.12.1995 entstanden sein,
scheidet eine Wertaufholung beim Kläger aus.
-
Die Forderungen wären dann aufgrund der Betriebsübertragung
auf den Kläger übergegangen, da der Kläger nicht nur das
zivilrechtliche Eigentum an den
Wirtschaftsgütern erhalten hatte, sondern auch das
wirtschaftliche Eigentum; denn Gefahr,
Nutzen und Lasten des Betriebs sollten nach dem Übertragungsvertrag auf den
Kläger übergehen. -
Die auf den Kläger übergegangenen Forderungen wären seinem
Privatvermögen zuzurechnen gewesen, da der Kläger den Betrieb nicht fortgeführt
hat. Die bei einer unentgeltlichen Betriebsübertragung mögliche
Buchwertfortführung wäre nicht anwendbar, da sie nach der Rechtsprechung
voraussetzt, dass der bisherige Betriebsinhaber seine betriebliche Tätigkeit
einstellt. -
Mit dem Verzicht auf das Nießbrauchsrecht zum 31.12.2002 und
der nun erfolgten Betriebsfortführung durch den Kläger waren die Forderungen ab
1.1.2003 dem Betriebsvermögen des Klägers zuzurechnen und mit dem Teilwert
einzulegen. Der Teilwert bildet die Obergrenze für die Aktivierung der
Forderungen, so dass eine Erhöhung dieses Wertes durch eine Wertaufholung im
Jahr 2004 infolge des Wegfalls der Überschuldung beim Schuldner nicht zulässig
wäre.
Sollten die Forderungen nach dem 31.12.1995 entstanden sein, wäre
eine Wertaufholung hingegen denkbar.
-
Die Forderungen wären dann im Betriebsvermögen der Mutter ab
1996 entstanden und wären zum 31.12.1997 aufgrund einer voraussichtlich
dauernden Wertminderung teilweise abgeschrieben worden. -
Aufgrund des Verzichts der Mutter auf ihr Nießbrauchsrecht zum
31.12.2002 wären die (abgeschriebenen) Forderungen nun zum (niedrigen) Buchwert
auf den Kläger übergegangen. Denn nun kam es zu einem Übergang des Betriebs, da
der Kläger den Betrieb fortführte. -
Infolge der Buchwertfortführung wurde der Kläger nun
bilanziell Rechtsnachfolger seiner Mutter. Er hätte daher auch eine
Wertaufholung gewinnerhöhend vornehmen müssen, wenn sie nach dem 31.12.2002
eingetreten ist.
Hinweise: Das FG muss nun
aufklären, wann die streitigen Forderungen entstanden sind und ob es –
falls die Forderungen nach dem 31.12.1995 entstanden sind – zu einer
Wertaufholung gekommen ist.
Der BFH bestätigt seine aktuelle Rechtsprechung, nach der eine
unentgeltliche Betriebsübertragung unter Vorbehaltsnießbrauch nicht zur
Buchwertfortführung führt, wenn der Vorbehaltsnießbraucher seine betriebliche
Tätigkeit nicht aufgibt, sondern fortführt. Erst das spätere Erlöschen des
Nießbrauchs durch Tod oder Verzicht ermöglicht eine Buchwertfortführung, wenn
der Erwerber den Betrieb nun fortführt.
Vom Vorbehaltsnießbrauch, bei dem das Eigentum an den
Wirtschaftsgütern übertragen wird und der bisherige Eigentümer sich den
Nießbrauch vorbehält, zu unterscheiden ist der sog.
Zuwendungsnießbrauch, bei dem der bisherige
Betriebsinhaber den Betrieb zivilrechtlich behält, aber einem anderen den
Nießbrauch einräumt, der nun das Unternehmen führt. Hier ist eine
Buchwertfortführung durch den Nießbrauchsberechtigten möglich.
Quelle: BFH, Urteil vom 29.1.2025 – X R 35/19; NWB
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