Erwerben Ehegatten beim Kauf einer Immobilie jeweils das hälftige
Miteigentum und verzichtet der Verkäufer auf die gesetzliche Steuerfreiheit für
Grundstücksübertragungen, schuldet jeder der Miteigentümer-Ehegatten die
aufgrund des Verzichts für seinen Miteigentumsanteil entstehende Umsatzsteuer.
Ein Umsatzsteuerbescheid, der sich an eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts
(GbR), die sich aus den Ehegatten zusammensetzt, richtet, wäre hingegen
rechtswidrig, weil die GbR nicht Schuldnerin der Umsatzsteuer ist.

Hintergrund:
Grundstücksübertragungen, die der Grunderwerbsteuer unterliegen, sind zwar
umsatzsteuerfrei. Der Verkäufer kann aber im Grundstückskaufvertrag auf die
Steuerfreiheit verzichten, so dass Umsatzsteuer entsteht; diese Umsatzsteuer
schuldet dann der Leistungsempfänger nach dem sog. Reverse-Charge-Verfahren.
Danach entsteht bei bestimmten Umsätzen die Umsatzsteuer aufseiten des
Leistungsempfängers.

Sachverhalt: Die Klägerin war
eine GbR, die aus den Eheleuten G bestand. Mit notariellen Kaufverträgen vom
20.8.2012 erwarben die Eheleute jeweils zu hälftigem Miteigentum zwei noch zu
errichtende Wohnungen, die sie vermieten wollten. Nach den Kaufverträgen
verzichtete der Verkäufer auf die gesetzliche Umsatzsteuerfreiheit. Das
Finanzamt ging davon aus, dass die Umsatzsteuerschuld auf die GbR übergegangen
sei und erließ im Jahr 2015 einen Umsatzsteuerbescheid gegenüber der GbR
(Klägerin). Hiergegen wehrte sich die Klägerin.

Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage statt:

  • Die GbR war nicht Schuldnerin der Umsatzsteuer. Verzichtet der
    Verkäufer im notariellen Kaufvertrag über ein Grundstück auf die gesetzliche
    Umsatzsteuerfreiheit, wird der Leistungsempfänger Schuldner der Umsatzsteuer.

  • Wer Steuerschuldner ist, richtet sich nach dem Kaufvertrag.
    Denn zum einen beruht die gesetzliche Umsatzsteuerfreiheit auf einem
    grunderwerbsteuerbaren Vorgang, der im Streitfall der Kaufvertrag war. Zum
    anderen ergibt sich auch der Verzicht auf die gesetzliche Steuerfreiheit aus
    dem Kaufvertrag.

  • Nach dem Kaufvertrag erwarb jeder der beiden Ehegatten einen
    einzelnen Miteigentumsanteil. Daher war jeder Ehegatte Schuldner der auf ihn
    entfallenden Umsatzsteuer, nicht aber die GbR. Das Finanzamt hat den
    Umsatzsteuerbescheid daher zu Unrecht gegenüber der GbR erlassen.

Hinweise: Anders wäre der Fall
zu entscheiden gewesen, wenn die GbR das vollständige Eigentum an den beiden
Wohnungen erworben hätte. In diesem Fall hätte der Umsatzsteuerbescheid an die
GbR gerichtet werden müssen.

Ob tatsächlich eine GbR bestand, brauchte der BFH nicht zu
entscheiden. Denn in jedem Fall war nur der jeweilige Ehegatte Schuldner der
Umsatzsteuer. Gleichwohl konnte die GbR klagen, und zwar auch dann, wenn es sie
gar nicht gegeben haben sollte; denn wenn sich ein Steuerbescheid gegen eine
Personengesellschaft richtet, darf die angebliche Personengesellschaft gegen
diesen Bescheid klagen, um den Rechtsschein, den der Bescheid erzeugt, zu
beseitigen.

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Grunderwerbsteuerlich ist jeder Ehegatte einzeln zur
Grunderwerbsteuer heranzuziehen, wenn die Ehegatten gemeinsam ein Grundstück zu
gemeinschaftlichem Eigentum erwerben. Jeder Ehegatte ist dann Schuldner der auf
ihn entfallenden Grunderwerbsteuer; eine Gesamtschuldnerschaft besteht nicht.
Diese Grundsätze werden umsatzsteuerlich übernommen, weil das Umsatzsteuerrecht
beim Erwerb von Immobilien an das Grunderwerbsteuerrecht anknüpft.

Der Verzicht auf die gesetzliche Umsatzsteuerfreiheit löst zwar
Umsatzsteuer aus. Will der Erwerber die Immobilie aber umsatzsteuerpflichtig
vermieten, kann er die aufgrund des Erwerbs entstehende Umsatzsteuer als
Vorsteuer abziehen.

BFH, Urteil v. 25.11.2021 – V R 44/20; NWB