Das Finanzamt kann im Rahmen einer Außenprüfung die Vorlage von
E-Mails verlangen, die als Handels- und Geschäftsbriefe anzusehen sind, weil
sie die Vorbereitung, Durchführung oder Rückgängigmachung eines
Handelsgeschäfts betreffen, oder weil sie einen steuerlichen Bezug aufweisen.
Der Unternehmer ist jedoch nicht verpflichtet, auf Aufforderung des Finanzamts
ein sog. Gesamtjournal zu erstellen, in dem alle E-Mails mit den jeweiligen
Kerninformationen (z.B. Absender) aufgeführt sind und in dem angegeben wird, ob
die E-Mail jeweils steuerlich relevant ist.
Hintergrund: Im Rahmen einer
Außenprüfung kann der Außenprüfer vom Unternehmer die Vorlage aller
aufbewahrungspflichtigen Unterlagen verlangen. Nach dem Gesetz sind u.a. die
Bücher, Inventare, Jahresabschlüsse, die empfangenen Handels- oder
Geschäftsbriefe sowie Kopien der abgesandten Handels- oder Geschäftsbriefe,
Buchungsbelege sowie sonstige Unterlagen, soweit sie für die Besteuerung von
Bedeutung sind, aufbewahrungspflichtig.
Sachverhalt: Bei dem Kläger kam
es zu einer Außenprüfung. Der Prüfer verlangte zum einen die Vorlage aller
E-Mails, die Handels- und Geschäftsbriefen entsprechen und die die
Verrechnungspreisdokumentation des Klägers betrafen. Zum anderen verlangte der
Außenprüfer die Erstellung und Vorlage eines Gesamtjournals, in dem der
jeweilige Empfänger bzw. Sender der E-Mail, der „cc“- und
„bcc“-Empfänger, die Uhrzeit, der Betreff und die Namen der
Anlagen aufgelistet werden sollte und in dem der Kläger in einem Zusatzfeld
angeben sollte, wie er sein sog. Erstqualifzierungsrecht ausgeübt hat. Der
Kläger wandte sich gegen das Vorlageverlangen.
Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) hielt das Vorlageverlangen zum Teil für rechtmäßig und
zum Teil für rechtswidrig:
-
Rechtmäßig war das Vorlageverlangen, soweit der Außenprüfer
die Vorlage empfangener E-Mails sowie abgesandter E-Mails verlangte, die sich
auf die Vorbereitung, Durchführung oder Rückgängigmachung eines
Handelsgeschäfts bezogen und rechnungsrelevante Informationen enthielten; denn
insoweit handelte es sich um Handels- und Geschäftsbriefe, die
aufbewahrungspflichtig und damit vorlagepflichtig sind. -
Ebenfalls rechtmäßig war das Vorlageverlangen, soweit der
Außenprüfer die Vorlage derjenigen E-Mails verlangte, die sich auf eine
Verrechnungspreisdokumentation des Klägers bezogen; denn diese E-Mails waren
Unterlagen, die für die Besteuerung von Bedeutung sind und damit
aufbewahrungspflichtig sowie vorlagepflichtig sind. -
Rechtswidrig war das Vorlageverlangen des Außenprüfers jedoch,
soweit er die Erstellung eines Gesamtjournals verlangte und forderte, dass der
Kläger angibt, wie er sein Erstqualifizierungsrecht ausgeübt hat. Zum einen
kann mit einem Vorlageverlangen nicht die Erstellung von Unterlagen verlangt
werden. Zum anderen hätte sich der Kläger aufgrund der geforderten Angabe zum
Erstqualifizierungsrecht auch zu solchen E-Mails äußern müssen, für die eine
Aufbewahrungspflicht gar nicht bestand.
Hinweise: Ergeben sich die
steuerlich relevanten Informationen nicht aus der E-Mail selbst, sondern nur
aus ihrem Anhang, ist jedenfalls der Anhang aufzubewahren und auf Aufforderung
des Außenprüfers vorzulegen.
Mit dem Erstqualifikationsrecht erhält der Steuerpflichtige die
Möglichkeit, aufbewahrungspflichtige und damit vorlagepflichtige Unterlagen
bzw. Daten von nicht aufbewahrungspflichtigen Unterlagen bzw. Daten zu trennen.
So kann er z.B. Unterlagen, die den Privatbereich betreffen, oder für die ein
Vorlageverweigerungsrecht besteht, z.B. Patientendaten, als nicht
aufbewahrungspflichtig einstufen und aussondern und muss sie nicht vorlegen.
Quelle: BFH, Beschluss vom 30.4.2025 – XI R 15/23;
NWB
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