Stellt der Insolvenzverwalter dem in Insolvenz geratenen
Unternehmer eine Rechnung für die Insolvenzverwaltertätigkeit aus, ist die
Vorsteuer, die sich aus der Rechnung ergibt, in dem Umfang abziehbar, in dem
der Unternehmer bis zur Einstellung seiner Tätigkeit umsatzsteuerpflichtige
Umsätze ausgeführt hat. Es kommt also nicht auf den während des
Insolvenzverfahrens erzielten Anteil der umsatzsteuerpflichtigen Umsätze am
Gesamtumsatz an.

Hintergrund: Der Vorsteuerabzug
setzt grundsätzlich voraus, dass der Unternehmer umsatzsteuerpflichtige Umsätze
erzielt. Tätigt der Unternehmer sowohl umsatzsteuerpflichtige als auch
umsatzsteuerfreie Umsätze, muss die Vorsteuer aufgeteilt werden und ist nur in
dem Umfang abziehbar, in dem der Unternehmer umsatzsteuerpflichtige Umsätze
erzielt.

Sachverhalt: U war
Bauunternehmer und stellte aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Lage sein
Unternehmen ein. Über das Vermögen des U wurde das Insolvenzverfahren eröffnet
und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Bis zur Unternehmenseinstellung
betrug der Anteil der umsatzsteuerpflichtigen Umsätze des U an seinem
Gesamtumsatz 45 %. Der Kläger als Insolvenzverwalter begann nun mit der
Abwicklung der noch nicht abgeschlossenen Bauvorhaben, schloss mit den
Auftraggebern Aufhebungsvereinbarungen und verwertete das Vermögen, um die
Gläubiger des U zu befriedigen; der Anteil der umsatzsteuerpflichtigen Umsätze
am Gesamtumsatz in der Zeit des Insolvenzverfahrens betrug nur 1,43 %.
Anschließend stellte der Kläger seine Insolvenzverwaltertätigkeit dem U in
Rechnung (ca. 90.000 € zzgl. ca. 17.00 € Umsatzsteuer) und gab
für U eine Umsatzsteuererklärung ab, in der er die in Rechnung gestellte
Umsatzsteuer von 17.000 € zu 45 % als Vorsteuer geltend machte. Das
Finanzamt erkannte die Vorsteuer nur im Umfang von 1,43 % an.

Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage statt und erkannte die Vorsteuer zu 45 %
an:

  • Für den Umfang des Vorsteuerabzugs kommt es auf den Anteil der
    umsatzsteuerpflichtigen Umsätze am Gesamtumsatz an.

  • Hat der Unternehmer seine unternehmerische Tätigkeit bereits
    vor der Insolvenzeröffnung eingestellt, ist es sachgerecht, auf das Verhältnis
    der Umsätze aus der Zeit bis zur Unternehmenseinstellung abzustellen. Es
    besteht dann nämlich ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang zwischen der
    Leistung des Insolvenzverwalters und den im Insolvenzverfahren angemeldeten
    Forderungen der Insolvenzgläubiger, die aus der Zeit bis zur
    Unternehmenseinstellung begründet worden sind.

  • Auf die Umsätze des Insolvenzverwalters aus den
    Verwertungshandlungen während des Insolvenzverfahrens kommt es nicht an. Daher
    mindern umsatzsteuerfreie Grundstücksverkäufe des Insolvenzverwalters nicht den
    Umfang des Vorsteuerabzugs.

Hinweise: Anders wäre der Fall
zu entscheiden gewesen, wenn der Insolvenzverwalter das Unternehmen des U
fortgeführt hätte. Entscheidend wäre dann das Verhältnis der
umsatzsteuerpflichtigen Umsätze des Insolvenzverwalters zum Gesamtumsatz aus
der Zeit der Insolvenz gewesen. Dem Kläger als Insolvenzverwalter ging es aber
nicht um die Fortführung des Unternehmens des U, sondern um die Befriedigung
der Gläubiger, da er das Vermögen verwertete und die bereits angefangenen
Aufträge nicht zu Ende führte, sondern Aufhebungsvereinbarungen mit den
Auftraggebern schloss.

Ob eine Unternehmensfortführung durch den Insolvenzverwalter
beabsichtigt ist, kann sich insbesondere aus einem Insolvenzplan ergeben.

Quelle: BFH, Urteil vom 23.10.2024 – XI R 8/22;
NWB