Eine pensionierte Beamtin, die
ehrenamtlich in der Gewerkschaft tätig ist, kann die Aufwendungen, die ihr im
Rahmen ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit entstehen, als Werbungskosten von ihren
Versorgungsbezügen abziehen. Denn ihre ehrenamtliche Tätigkeit für die
Gewerkschaft dient mittelbar auch der Verbesserung ihrer
Versorgungsbezüge.

Hintergrund: Pensionierte
Beamte müssen ihre Versorgungsbezüge als Einkünfte aus nichtselbständiger
Arbeit versteuern.

Sachverhalt: Die Klägerin
war im Streitjahr 2016 pensionierte Landesbeamtin und erhielt
Versorgungsbezüge. Bis zur Pensionierung war sie hauptamtlich für die
Gewerkschaft tätig und als Beamtin von ihrer Beamtentätigkeit freigestellt
gewesen. Seit ihrer Pensionierung war sie ehrenamtlich in verschiedenen Gremien
der für den öffentlichen Dienst zuständigen Gewerkschaft tätig. Die ihr durch
die ehrenamtliche Tätigkeit entstandenen Aufwendungen machte sie als
Werbungskosten bei ihren Versorgungsbezügen geltend. Das Finanzamt erkannte den
Werbungskostenabzug nicht an.

Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) erkannte den Werbungskostenabzug an und gab der Klage
statt:

  • Werbungskosten sind
    Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Der
    berufliche Anlass der Aufwendungen ist zu bejahen, wenn zwischen den
    Aufwendungen und den Einnahmen ein Veranlassungszusammenhang besteht.

  • Im Streitfall ist ein
    beruflicher Veranlassungszusammenhang zu bejahen, weil die Gewerkschaftsarbeit
    der Klägerin auch auf die Verbesserung ihrer Einkünfte als Pensionärin zielte.
    Gewerkschaften setzen sich nämlich nicht nur für die berufstätigen Arbeitnehmer
    und Beamten, sondern auch für die Erwerbsinteressen der Pensionäre ein. So
    bemüht sich eine Gewerkschaft darum, dass die Ergebnisse einer Tarifrunde im
    öffentlichen Dienst zeitgleich und systemgerecht bzw. wirkungsgleich auf den
    Bereich Besoldung und Versorgung übertragen werden.

Hinweise: Das Urteil
lässt sich auch auf Rentner übertragen, die als Rentner ehrenamtlich für ihre
Gewerkschaft tätig sind. Die Aufwendungen sind dann bei der Ermittlung der
sonstigen Einkünfte, zu denen Rentenbezüge gehören, zu berücksichtigen.

Der BFH grenzt sich in seinem
aktuellen Urteil von einer früheren Entscheidung ab: Damals hatte der BFH
Aufwendungen einer emeritierten Professorin für eine gegenwärtig ausgeübte
Forschungstätigkeit steuerlich nicht als Werbungskosten bei den
Versorgungsbezügen anerkannt. Dies lag daran, dass die Forschungstätigkeit
nicht mit den Versorgungsbezügen zusammenhing, da die Versorgungsbezüge auch
ohne Forschungstätigkeit gezahlt worden wären.

Für den Werbungskostenabzug kommt
es nicht darauf an, ob sich die Aufwendungen konkret auf die Höhe der Einnahmen
auswirken. Der Steuerpflichtige hat einen Ermessensspielraum, ob und welche
Aufwendungen er zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung seiner Einnahmen tätigt.

Quelle: BFH, Urteil vom 28.6.2023
– VI R 17/21; NWB