Die Verwendung des Kapitals aus
einem Altersvorsorgevertrag vor Beginn der Auszahlungsphase ist nicht
begünstigt, wenn mit dem Kapital ein Immobiliendarlehen des Ehegatten getilgt
werden soll. Dies gilt auch dann, wenn das Immobiliendarlehen des Ehegatten zur
Finanzierung des von beiden Ehegatten selbst genutzten Familienheims
aufgenommen worden war.

Hintergrund: Der
Gesetzgeber fördert den Aufbau eines kapitalgedeckten (privaten)
Altersvorsorgevermögens, z.B. in Gestalt der sog. Riester-Rente. Bis zum Beginn
der Auszahlungsphase darf das bis dahin angesparte Kapital aber nur unter
bestimmten Voraussetzungen und nur für bestimmte Zwecke verwendet werden, z.B.
unmittelbar für die Anschaffung oder Herstellung einer Wohnung oder zur Tilgung
eines zu diesem Zweck aufgenommenen Darlehens (sog. Wohn-Riester).

Sachverhalt: Die Klägerin
lebte mit ihrem Ehemann in einem Einfamilienhaus, das ihnen zu jeweils 50
Prozent gehörte. Die Immobilie war mit einem Darlehen finanziert worden, das
der Ehemann 1998 aufgenommen hatte. Die Klägerin hatte sich für das Darlehen
verbürgt, war jedoch selbst nicht Darlehensnehmerin. Die Klägerin hatte einen
Altersvorsorgevertrag (sog. Riester-Vertrag) abgeschlossen und beantragte im
Jahr 2020 die Entnahme von Kapital aus ihrem Riester-Vertrag
zur Tilgung des vom Ehemann aufgenommenen
Immobilien-Darlehens
. Diesen Antrag lehnte die Zentrale
Zulagenstelle für Altersvermögen ab.

Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:

  • Die Voraussetzungen für eine
    Entnahme von Kapital aus dem Riester-Vertrag vor Beginn der Auszahlungsphase
    lagen nicht vor. Denn die Klägerin wollte nicht ein eigenes Darlehen tilgen,
    sondern das Darlehen ihres Ehemannes. Zulässig ist aber nur die Entnahme von
    Kapital zur Tilgung eines eigenen Darlehens
    oder aber für die Anschaffung oder Herstellung einer
    Wohnung
    .

  • Zwar ist der Gesetzeswortlaut
    nicht eindeutig, weil das Gesetz nur von der Tilgung eines Darlehens spricht,
    nicht aber ausdrücklich verlangt, dass der Zulagenberechtigte das Darlehen
    selbst aufgenommen hat.

  • Im Bereich der
    Altersvorsorgezulage wird allerdings zwischen dem unmittelbaren
    Zulagenberechtigten und dem mittelbaren Zulagenberechtigten unterschieden. Die
    Klägerin als unmittelbare Zulagenberechtigte darf das Kapital daher nur für
    ihre eigenen Zwecke verwenden, nicht jedoch für Zwecke ihres Ehemannes, der nur
    mittelbar zulagenberechtigt ist. Jeder Ehegatte bleibt also allein Träger der
    Rechte und Pflichten, die sich aus seinem Altersvorsorgevertrag ergeben.

  • Die Klägerin hätte daher das
    Kapital zwar entnehmen können, um ihr eigenes Darlehen zu tilgen, aber sie
    durfte das Kapital nicht entnehmen, um damit das Darlehen ihres Ehemannes zu
    tilgen.

Hinweise: Die vom
Gesetzgeber eingeräumte Möglichkeit, ein Darlehen abzulösen, mit dem das
Wohneigentum finanziert wird, soll einen Beitrag zum „mietfreien Wohnen
im Alter“ leisten. Dieser Zweck wird nach der aktuellen Entscheidung aber
nur erreicht, wenn es sich um die Tilgung eines eigenen Darlehens des
Zulageberechtigten handelt. Die Entschuldung eines Dritten wird vom
Gesetzeszweck nicht gedeckt. Dies gilt auch dann, wenn es sich um Ehegatten
handelt, die einkommensteuerlich immerhin zusammenveranlagt werden.

Es genügte nicht, dass sich die
Klägerin für das Darlehen ihres Ehemannes verbürgt hatte. Denn trotz der
Bürgschaft blieb es eine Schuld des Ehemannes und war keine Darlehensschuld der
Klägerin.

Die Klägerin wurde im Rahmen einer
Anschlussfinanzierung im Mai 2021 als Darlehensnehmerin mit in die
Darlehensverträge aufgenommen. Auch dies ermöglichte keine unschädliche
Entnahme des Kapitals. Denn die Anschlussfinanzierung diente nicht der
Anschaffung oder Herstellung einer begünstigten Wohnung.

Quelle: BFH, Urteil vom 2.4.2025 –
X R 6/22; NWB