Der Erwerb von Anteilen an einer GmbH, die Grundbesitz hält, kann
zweimal Grunderwerbsteuer auslösen, wenn zunächst nur der Vertrag über den
Anteilsverkauf abgeschlossen wird (sog. Signing) und die Anteile später
übertragen werden (sog. Closing). Selbst wenn die doppelte Festsetzung
rechtswidrig sein sollte, ist jedenfalls die Festsetzung von Grunderwerbsteuer
gegenüber der GmbH für die Anteilsübertragung (sog. Closing) rechtlich nicht
zweifelhaft.

Hintergrund: Grunderwerbsteuer
entsteht nicht nur beim Verkauf eines Grundstücks, sondern auch, wenn
mindestens 90 % der Anteile an einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft
innerhalb von zehn Jahren auf neue Gesellschafter übergehen oder wenn ein
Anteilserwerber nunmehr mit mindestens 90 % beteiligt ist. Das Gesetz knüpft in
unterschiedlichen Regelungen teils an den Verkaufsvertrag, also an das
Verpflichtungsgeschäft (sog. Signing), und teils an die Übertragung der
Anteile, also an die Erfüllung des Verpflichtungsgeschäfts (sog. Closing),
an.

Sachverhalt: Die Antragstellerin
war eine GmbH, die Grundbesitz hielt. Ihre alleinige Anteilseignerin war die
H-GmbH. Die H-GmbH verkaufte mit Vertrag vom 22.3.2024 ihre gesamten Anteile an
die M-GmbH; die Übertragung der GmbH-Anteile sollte jedoch erst nach der
Bezahlung des Kaufpreises erfolgen, der zum 2.4.2024 fällig wurde. Am 2.4.2024
zahlte die M-GmbH den Kaufpreis, so dass die Abtretung der GmbH-Anteile an die
M-GmbH an diesem Tag erfolgte. Das Finanzamt setzte nun zweimal
Grunderwerbsteuer fest: einmal gegenüber der M-GmbH wegen des Verkaufsvertrags
vom 22.3.2024 und ein weiteres Mal gegenüber der Antragstellerin aufgrund der
Anteilsabtretung, die zu einem Wechsel im Gesellschafterbestand der
Antragstellerin im Umfang von mindestens 90 % geführt hatte. Die
Antragstellerin legte gegen ihren Grunderwerbsteuerbescheid Einspruch ein und
beantragte die Aussetzung der Vollziehung des Bescheids. Nachdem das
Finanzgericht die Aussetzung der Vollziehung abgelehnt hatte, kam der Fall zum
BFH.

Entscheidung: Der BFH lehnte die
Aussetzung der Vollziehung des gegenüber der Antragstellerin ergangenen
Grunderwerbsteuerbescheids ab:

  • Es bestanden keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit
    des gegenüber der Antragstellerin ergangenen Bescheides. Ändert sich innerhalb
    von zehn Jahren der Gesellschafterbestand einer Kapitalgesellschaft unmittelbar
    oder mittelbar in der Weise, dass mindestens 90 % der GmbH-Anteile auf neue
    Gesellschafter übergehen, ist dies grunderwerbsteuerbar, wenn die GmbH
    Grundbesitz hält. Diese Voraussetzungen waren im Streitfall erfüllt, da die
    H-GmbH in einem Akt 100 % der Anteile an der Antragstellerin auf die M-GmbH
    übertragen hat. Die Übertragung erfolgte mit der vollständigen Kaufpreiszahlung
    am 2.4.2024. Steuerschuldnerin ist in einem solchen Fall die Gesellschaft,
    deren Anteile übertragen werden, und damit die Antragstellerin.

  • Zwar kann die Grunderwerbsteuerfestsetzung nach dem Gesetz
    aufgehoben werden, wenn Grunderwerbsteuer für das sog. Signing und für das sog.
    anschließende Closing doppelt festgesetzt wird. Die Aufhebung betrifft nach dem
    Wortlaut des Gesetzes aber nur die Grunderwerbsteuer, die für das
    Verpflichtungsgeschäft festgesetzt worden ist (sog. Signing), nicht jedoch die
    Grunderwerbsteuer, die für die Anteilsübertragung (sog. Closing) festgesetzt
    wird. Daher könnte allenfalls die M-GmbH als Erwerberin der Anteile eine
    Aufhebung der Grunderwerbsteuer, die aufgrund des Vertrags vom 22.3.2024 der
    M-GmbH gegenüber festgesetzt worden ist, verlangen.

Hinweise: Erfolgen Signing und
Closing in einem Akt, wird Grunderwerbsteuer nur einmal festgesetzt. Fallen
Signing und Closing aber zeitlich auseinander, droht eine doppelte Festsetzung
der Grunderwerbsteuer. Hier bestehen nun zwei Möglichkeiten, eine doppelte
Festsetzung zu vermeiden:

  • Der Steuerschuldner, der Grunderwerbsteuer aufgrund des
    Verkaufsvertrags entrichten muss (sog. Signing), kann die Aufhebung der
    Grunderwerbsteuer beantragen; im Streitfall war das die M-GmbH. Dies ist jedoch
    nicht möglich, wenn einer der beiden Erwerbsvorgänge (Signing oder Closing) dem
    Finanzamt nicht fristgerecht und vollständig angezeigt worden ist.

  • Nach einer aktuellen Entscheidung des BFH bestehen ernstliche
    Zweifel an der Rechtmäßigkeit einer doppelten Grunderwerbsteuerfestsetzung.
    Vorrangig und damit rechtmäßig sein dürfte die Grunderwerbsteuerfestsetzung für
    die Übertragung der GmbH-Anteile (sog. Closing). Auch danach wäre die
    Grunderwerbsteuerfestsetzung im Streitfall rechtmäßig, da sie das sog. Closing
    betrifft. Hingegen könnte die Grunderwerbsteuerfestsetzung, die aufgrund des
    Vertrags erfolgt ist (im Streitfall gegenüber der M-GmbH), rechtswidrig sein,
    wenn dem Finanzamt im Zeitpunkt des Erlasses des entsprechenden
    Grunderwerbsteuerbescheids bereits bekannt war, dass die Anteilsübertragung
    (sog. Closing) schon erfolgt ist. Es handelt sich vorliegend jedoch nur um eine
    vorläufige Entscheidung im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes.

Quelle: BFH, Beschluss vom 16.9.2025 – II B 23/25; NWB