Wird ein Wirtschaftsgut
angeschafft, für das ein Investitionsabzugsbetrag gebildet worden ist, und wird
der Betrieb im Folgejahr vor dem 31.12. aufgegeben, darf der Unternehmer im
Jahr der Anschaffung die Sonderabschreibung geltend machen, die im Fall eines
Investitionsabzugsbetrags kraft Gesetzes zugelassen ist. Denn das Folgejahr ist
aufgrund der Betriebsaufgabe ein abgekürztes Wirtschaftsjahr (sog.
Rumpfwirtschaftsjahr), so dass es genügt, dass das Wirtschaftsgut bis zum Tag
der Betriebsaufgabe betrieblich genutzt wird.

Hintergrund: Ein
Unternehmer kann unter bestimmten Voraussetzungen für künftige Investitionen
einen Investitionsabzugsbetrag steuermindernd bilden. Wird das Wirtschaftsgut
angeschafft, kann der Investitionsabzugsbetrag wieder gewinnerhöhend
hinzugerechnet und in dieser Höhe zugleich die Anschaffungskosten
gewinnmindernd herabgesetzt werden. Außerdem kann eine Sonderabschreibung in
Höhe von 20 % in Anspruch genommen werden. Voraussetzung für die
Sonderabschreibung ist u.a. aber, dass das Wirtschaftsgut nach seiner
Anschaffung bis zum Ende des folgenden Wirtschaftsjahres ausschließlich
betrieblich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt wird. Wird das
Wirtschaftsgut im Jahr 2021 angeschafft, muss es also bis zum 31.12.2022
ausschließlich betrieblich oder fast ausschließlich genutzt werden.

Sachverhalt: Die Klägerin
war Einzelunternehmerin. In ihrer Einnahmen-Überschussrechnung für 2012 bildete
sie einen Investitionsabzugsbetrag in Höhe von 14.400 € für die
Anschaffung eines Pkw. Sie gab die Steuererklärung für 2012 im Februar 2014
beim Finanzamt ab. Im Mai 2014 kaufte die Klägerin den Pkw. Am 15.7.2015 gab
die Klägerin ihren Betrieb auf. Die Klägerin machte für das Jahr der
Anschaffung (2014) eine Sonderabschreibung auf den Pkw geltend, die das
Finanzamt nicht anerkannte, weil aus seiner Sicht der Pkw nicht zum 31.12.2015
betrieblich genutzt wurde.

Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klägerin im Grundsatz recht, verwies die Sache
aber aus verfahrensrechtlichen Gründen an das Finanzgericht (FG) zurück:

  • Die Klägerin konnte die
    Sonderabschreibung im Jahr 2014 geltend machen, weil sie den Pkw bis zum Ende
    des folgenden Wirtschaftsjahres 2015 genutzt hat.

  • Das folgende Wirtschaftsjahr
    2015 endete nämlich nicht am 31.12.2015, sondern aufgrund der Betriebsaufgabe
    bereits am 15.7.2015. Es handelte sich also um ein sog. Rumpfwirtschaftsjahr.
    Daher genügt es, wenn der Pkw bis zum 15.7.2015 ausschließlich betrieblich oder
    fast ausschließlich genutzt worden ist.

  • Allerdings muss das FG nun im
    zweiten Rechtsgang noch klären, ob der Pkw ab Anschaffung bis zum 15.7.2015
    ausschließlich betrieblich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt worden
    ist, d.h. zu mindestens 90 %.

Hinweise: Außerdem war
der Urteilstenor des FG im ersten Rechtsgang zu unbestimmt. Das FG hatte
nämlich nicht die Höhe der Sonderabschreibung genannt.

Das Urteil ist positiv für
Unternehmer, die die Investition, für die sie den Investitionsabzugsbetrag
gebildet haben, tätigen, aber im Laufe des Folgejahres ihren Betrieb aufgeben.
Allerdings hat der BFH offengelassen, ob die Sonderabschreibung auch dann
zulässig ist, wenn der Pkw am 30.12.2014 angeschafft und der Betrieb am
2.1.2015 aufgegeben worden wäre. Eine solche zeitliche Nähe zwischen
Anschaffung und Betriebsaufgabe bestand im Streitfall aber nicht; zudem ist der
Investitionsabzugsbetrag in der im Februar 2014 abgegebenen Steuererklärung für
2012 zeitlich vor der Betriebsaufgabe geltend gemacht worden.

BFH, Urteil vom 28.7.2021 – X
R 30/19; NWB