Unterhaltsleistungen für
ausländische, nicht unterhaltsberechtigte Angehörige, die in Deutschland
aufgenommen werden, aber lediglich geduldet sind, sind steuerlich nicht
absetzbar. Es besteht nämlich keine gesetzliche Unterhaltspflicht besteht. Die
Abziehbarkeit ist auch dann zu versagen, wenn sich der Steuerpflichtige
gegenüber der Ausländerbehörde verpflichtet hat, die Kosten für den
Lebensunterhalt seiner hier aufgenommenen Angehörigen zu tragen.

Hintergrund:
Unterhaltsleistungen, die an eine unterhaltsberechtigte Person gezahlt werden,
können unter bestimmten Voraussetzungen steuerlich bis zur Höhe von 9.744
€ abgezogen werden. Die unterhaltsberechtigte Person darf aber
allenfalls nur geringes Vermögen und geringe Einkünfte haben. Einer
unterhaltsberechtigten Person gleichgestellt ist eine Person, der bestimmte
öffentliche Mittel wegen der Unterhaltsleistungen des Steuerpflichtigen gekürzt
werden.

Sachverhalt: Die Kläger
waren Eheleute. Die Ehefrau hatte eine Schwester, die zusammen mit ihrer
Familie in der Ukraine lebte. Im Jahr 2014 zog die Schwester mit ihrer Familie
nach Deutschland, nachdem die Kläger eine sog. Verpflichtungserklärung
gegenüber der Ausländerbehörde abgegeben hatte, d. h. sich verpflichtet hatte,
die Kosten für den Lebensunterhalt der ukrainischen Familie zu tragen. Die
Kläger nahmen die ukrainische Familie auf und zahlte ihnen Lebensmittel,
Versicherungen, Sprachkurse und einen Rechtsanwalt für die
Aufenthaltsberechtigung in Deutschland. Die ukrainische Familie erhielt in der
Folgezeit eine sog. Duldung, d. h. die Abschiebung wurde ausgesetzt. Den
Klägern entstanden im Jahr 2014 Aufwendungen in Höhe von ca. 16.000 €,
die sie als außergewöhnliche Belastungen geltend machten. Das Finanzamt
erkannte die außergewöhnlichen Belastungen nicht an.

Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab:

  • Der Abzug von
    Unterhaltsaufwendungen setzt Zahlungen an eine unterhaltsberechtigte Person
    voraus. Die Unterhaltsberechtigung richtet sich nach dem Zivilrecht. Danach
    sind aber nur Verwandte in gerader Linie unterhaltsberechtigt, also z. B.
    Kinder gegenüber ihren Eltern, nicht aber Verwandte in Seitenlinie wie etwa
    Geschwister. Die gegenüber der Ausländerbehörde abgegebene
    Verpflichtungserklärung führte ebenfalls nicht zu einem gesetzlichen
    Unterhaltsanspruch der ukrainischen Familie.

  • Der ukrainischen Familie sind
    auch keine öffentlichen Mittel aufgrund der Unterhaltsleistungen der Kläger
    gekürzt worden.

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    Zwar lässt das
    Bundesfinanzministerium (BMF) den Abzug von Unterhaltsleistungen zu, wenn der
    Unterhaltszahler eine Verpflichtungserklärung gegenüber der Ausländerbehörde
    abgegeben hat und wenn der Ausländer eine Aufenthalts- oder
    Niederlassungserlaubnis hat und nicht nur geduldet wird. Zum einen ist diese
    Verwaltungsaussage für die Gerichte jedoch nicht bindend; zum anderen wird die
    ukrainische Familie hiervon nicht erfasst, weil sie nur über eine Duldung
    verfügte.

  • Ein Abzug der
    Unterhaltsaufwendungen als reguläre bzw. sonstige außergewöhnliche Belastungen
    scheidet aus, weil die gesetzliche Regelung für allgemeine außergewöhnliche
    Belastungen nachrangig gegenüber der Regelung für den Abzug von
    Unterhaltsaufwendungen ist.

Hinweise: Der BFH lässt
offen, ob die Auffassung der Finanzverwaltung eine gesetzeswidrige
Billigkeitsmaßnahme darstellt.

Angesichts des aktuellen Kriegs in
der Ukraine hat die Finanzverwaltung verschiedene Billigkeitsmaßnahmen
veröffentlicht, die allerdings nicht den Abzug von Unterhaltsaufwendungen
beinhalten. Jedoch sollen ukrainische Kriegsflüchtlinge eine
Aufenthaltsgewährung zum vorübergehenden Schutz erhalten, also über eine
Duldung hinaus. Damit bestünden auch Ansprüche auf Sozialleistungen. Werden
diese Sozialleistungen nun aufgrund von Unterhaltsleistungen von Angehörigen
(der Kläger) gekürzt, wäre für diese Unterhaltsleistungen der steuerliche Abzug
möglich. Denn einer unterhaltsberechtigten Person ist eine Person
gleichgestellt, der bestimmte öffentliche Mittel wegen der Unterhaltsleistungen
des Steuerpflichtigen gekürzt werden.

BFH, Urteil vom 2.12.2021 –
VI R 40/19; NWB