Eine körperschaftsteuerliche Organschaft zwischen einem Organträger
und einer Organgesellschaft wird auch dann anerkannt, wenn der Organträger an
der Organgesellschaft atypisch still beteiligt ist. Denn auch dann führt die
Organgesellschaft ihren ganzen Gewinn an den Organträger ab.

Hintergrund: Bei einer
körperschaftlichen Organschaft verpflichtet sich die Organgesellschaft
(Tochtergesellschaft) in einem Gewinnabführungsvertrag, ihren ganzen Gewinn an
den Organträger (Muttergesellschaft) abzuführen. Das Einkommen ist dann dem
Organträger zuzurechnen und auch vom Organträger zu versteuern.

Bei einer atypisch stillen Beteiligung beteiligt sich ein
Gesellschafter am Handelsgewerbe eines anderen, ohne nach außen in Erscheinung
zu treten, also still. Die stille Gesellschaft ist atypisch, wenn der stille
Gesellschafter auch an den Verlusten des Inhabers des Handelsgewerbes beteiligt
ist. Der atypisch stille Gesellschafter wird dann steuerlich wie ein
Mitunternehmer behandelt.

Sachverhalt: Die Klägerin war
eine GmbH; ihre Alleingesellschafterin war die X-GmbH & Co. KG. Die
Klägerin und die X-GmbH & Co. KG schlossen im Jahr 1991 einen
Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrag, in dem sich die Klägerin zur
Abführung ihres gesamten Gewinns an die X-GmbH & Co. KG verpflichtete. Im
Jahr 1992 beteiligte sich die X-GmbH & Co. KG im Umfang von 10 % als
atypisch stille Gesellschafterin an der Klägerin. Das Finanzamt erkannte die
körperschaftsteuerliche Organschaft in den Streitjahren 2005 bis 2008 nicht an,
weil die Klägerin aufgrund der atypisch stillen Beteiligung nicht ihren
gesamten Gewinn an die X-GmbH & Co. KG abgeführt habe, sondern lediglich 90
%; die weiteren 10 % habe die X-GmbH & Co. KG als atypisch stille
Gesellschafterin erhalten. Das Finanzamt erfasste die Ergebnisabführung von 90
% an die X-GmbH & Co. KG als verdeckte Gewinnausschüttung bei der
Klägerin.

Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) gab der hiergegen gerichteten Klage statt:

  • Die Voraussetzungen einer körperschaftsteuerlichen Organschaft
    waren in den Streitjahren 2005 bis 2008 erfüllt. Insbesondere hat die Klägerin
    ihren ganzen Gewinn an die X-GmbH & Co. KG abgeführt.

  • Die Frage, welcher Gewinn abzuführen ist, richtet sich nach
    dem Zivilrecht, weil das Steuerrecht hierauf verweist. Nach dem Zivilrecht, zu
    dem auch das Handelsrecht gehört, stellt der Gewinnanteil des stillen
    Gesellschafters (X-GmbH & Co. KG) Aufwand der, der den Gewinn mindert.
    Dieser geminderte Gewinn ist somit der „ganze Gewinn“ und wird an
    den Organträger abgeführt.

  • Der Anteil der X-GmbH & Co. KG als (atypisch) stille
    Gesellschafterin in Höhe von 10 % war somit Aufwand der Klägerin und minderte
    ihren Gewinn. Der verbleibende Gewinn war folglich der „ganze
    Gewinn“, den die Klägerin an die X-GmbH & Co. KG
    abführte.
    Auf den steuerrechtlich ermittelten Gewinn kam es
    somit nicht an.

Hinweise: Der BFH bejaht in
seinem aktuellen Urteil die Frage, ob an einer Organgesellschaft eine atypisch
stille Beteiligung bestehen kann. Damit widerspricht er der Finanzverwaltung.

Die X-GmbH & Co. KG erhält nach dem Urteil 10 % des Gewinns als
(atypisch) stille Gesellschafterin und die verbleibenden 90 % als Organträger;
diese 90 % stellen den ganzen Gewinn der Klägerin dar, weil die weiteren 10 %
als Anteil für die (atypisch) stille Gesellschafterin Aufwand waren und den
Gewinn der Klägerin minderten.

Quelle: BFH, Urteil vom 11.12.2024 – I R 33/22;
NWB