Ein Beschenkter kann eine Vergleichszahlung, die er zur Abwendung
eines Herausgabeanspruchs des ihm geschenkten Grundstücks leistet, bei der
Schenkungsteuer abziehen. Denn die Zahlung dient der Sicherung des geschenkten
Grundstücks. Der Schenkungsteuerbescheid kann aufgrund der Geltendmachung des
Herausgabeanspruchs rückwirkend geändert werden.

Hintergrund: Das
Erbschaftsteuergesetz gilt sowohl für Erbschaften als auch für Schenkungen.
Nachlassverbindlichkeiten mindern bei einem Erbfall den Wert des
erbschaftsteuerpflichtigen Nachlasses. Nachlasskosten sind u.a. die Kosten, die
dem Erben unmittelbar im Zusammenhang mit der Abwicklung, Regelung oder
Verteilung des Nachlasses oder mit der Erlangung des Erbes entstehen.

Sachverhalt: Der Kläger hatte
zwei Brüder. 1997 starb der Vater des Klägers und seiner Brüder. Daraufhin
wurde nach einer Auslegung des gemeinsamen Ehegattentestaments die Mutter des
Klägers als Alleineigentümerin eines zum Nachlass des Vaters gehörenden
Grundstücks eingetragen. Im Jahr 2003 schenkte die Mutter dem Kläger das
Grundstück. Das Finanzamt setzte daraufhin im Jahr 2004 Schenkungsteuer gegen
den Kläger fest. Im Jahr 2011 starb die Mutter. Es kam nun zu einem
Rechtsstreit zwischen dem Kläger und seinen Brüdern. Einer der Brüder machte
einen Herausgabeanspruch bezüglich des im Jahr 2003 geschenkten Grundstücks
geltend. Der Kläger zahlte daraufhin im Rahmen eines Vergleichs 150.000
€ im Jahr 2015 an den Bruder und machte diesen Betrag noch im Jahr 2015
schenkungsteuermindernd geltend. Dies lehnte das Finanzamt ab.

Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) gab der hiergegen gerichteten Klage statt:

  • Die Regelung über die Abziehbarkeit von
    Nachlassverbindlichkeiten gilt nicht nur für Erbfälle, sondern sinngemäß auch
    für Schenkungen.

  • Die Vergleichszahlung ist mit einer Nachlassverbindlichkeit
    vergleichbar, und zwar mit Nachlassregelungskosten. Dies sind Kosten des
    Beschenkten bzw. Erben, die ihm unmittelbar im Zusammenhang mit der Abwicklung,
    Regelung oder Verteilung des Nachlasses oder mit der Erlangung des Erwerbs
    entstehen.

  • Diese Regelung gilt auch für Zahlungen des Beschenkten an
    einen Dritten, damit der Dritte die Schenkung nach Grund und/oder Umfang nicht
    mehr bestreitet.

  • Im Streitfall machte einer der Brüder des Klägers einen
    Herausgabeanspruch geltend und verlangte das Grundstück, das der Kläger im Jahr
    2003 von der gemeinsamen Mutter erhalten hatte. Diesen Anspruch konnte der
    Bruder erst nach dem Tod der Mutter geltend machen, weil der Nachlass um das an
    den Kläger verschenkte Grundstück gemindert war. Die Vergleichszahlung des
    Klägers diente dazu, den Herausgabeanspruch des Bruders abzuwenden und das
    geschenkte Grundstück endgültig zu sichern. Damit war die Vergleichszahlung
    abziehbar und minderte den Wert des geschenkten Grundstücks und folglich auch
    die Schenkungsteuer.

  • Der Schenkungsteuerbescheid aus dem Jahr 2004 konnte auch noch
    zugunsten des Klägers geändert werden, da es sich bei der Geltendmachung des
    Herausgabeanspruchs um ein rückwirkendes Ereignis handelt, das eine Änderung
    ermöglicht.

Hinweise: Die vierjährige
Festsetzungsverjährung beginnt erst mit Ablauf des Jahres, in dem der Bruder
den Herausgabeanspruch geltend machte. Daher gab es kein Problem mit der
Festsetzungsverjährung, da der Bruder den Herausgabeanspruch frühestens im Jahr
2011 geltend gemacht hatte und der Kläger die Änderung seines Bescheids im Jahr
2015 beantragt hat.

Der Bruder muss die Vergleichszahlung versteuern. Nach dem Gesetz
muss nämlich der Vertragserbe, dem der durch ein Ehegattentestament begünstigte
Erbe gleichgestellt ist, oder der Schlusserbe eines gemeinschaftlichen
Testaments oder der Vermächtnisnehmer den Wert versteuern, den er wegen einer
sog. beeinträchtigenden Schenkung des Erblassers von dem Beschenkten nach den
Grundsätzen über die ungerechtfertigte Bereicherung erlangt. Die Steuer
entsteht aber erst im Zeitpunkt der Geltendmachung des Herausgabeanspruchs.

Im Ergebnis behandelt der BFH den Fall wie einen Erbfall, in dem
Pflichtteilsansprüche geltend gemacht werden. Der Anspruchsinhaber muss im
Zeitpunkt der Geltendmachung den geltend gemachten Pflichtteil versteuern,
während der Verpflichtete den geltend gemachten Pflichtteil von seiner
Erbschaftsteuer rückwirkend abziehen kann.

BFH, Urteil v. 6.5.2021 – II R 24/19; NWB