Lässt ein Steuerpflichtiger jährlich mehrere Hundert Artikel bei
eBay versteigern, ist er umsatzsteuerlicher Unternehmer und muss Umsatzsteuer
abführen. Die Berufung auf die Kleinunternehmerregelung ist nicht möglich, wenn
er die gesetzliche Grenze für Kleinunternehmer (im Streitjahr: 17.500 €)
überschritten hat. Allerdings kommt grundsätzlich die sog. Differenzbesteuerung
in Betracht, soweit der Steuerpflichtige Wiederverkäufer ist und die Artikel
von Privatpersonen erworben hat.

Hintergrund: Unternehmer ist,
wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Unter einer
gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit ist jede nachhaltige Tätigkeit zur
Erzielung von Einnahmen zu verstehen, auch wenn die Gewinnerzielungsabsicht
fehlt.

Ein gewerblicher Wiederverkäufer, der die Waren von Privat, also
ohne Umsatzsteuer, erworben hat, kann die sog. Differenzbesteuerung anwenden
und muss dann nur die Differenz zwischen seinem Einkaufs- und Verkaufspreis der
Umsatzsteuer unterwerfen.

Streitfall: Die Klägerin erwarb
Hausrat bei Haushaltsauflösungen und verkaufte die Hausratsgegenstände in den
Jahren 2009 bis 2013 bei eBay. Sie führte jährlich zwischen 260 und über 1.000
Auktionen durch und erzielte dabei jährliche Einnahmen von ca. 40.000 €
bis 90.000 €. Steuererklärungen gab sie nicht ab, sondern die
Steuerfahndung ermittelte die Einnahmen der Klägerin. Das Finanzamt setzte auf
die jährlichen Einnahmen eine Umsatzsteuer von 19 % an und berücksichtigte
keine Vorsteuer. Gegen die Umsatzsteuerbescheide klagte die Klägerin.

Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage zum Teil Recht, verwies die Sache aber zur
weiteren Aufklärung an das Finanzgericht (FG) zurück:

  • Die Klägerin war Unternehmerin und daher grundsätzlich zur
    Abführung von Umsatzsteuer verpflichtet. Mit ihrer Verkaufstätigkeit bei eBay
    übte die Klägerin eine wirtschaftliche Tätigkeit aus und war auch nachhaltig,
    d.h. mit Wiederholungsabsicht, tätig.

  • So wurde die Klägerin jährlich mehrere Hundert Mal bei eBay
    aktiv, im Jahr 2010 sogar über 1.000 Mal. Dies erforderte neben der
    eigentlichen Verkaufstätigkeit auch eine erhebliche Betriebsorganisation, da
    sie die Waren fotografieren und digital anpreisen sowie verpacken und versenden
    musste.

  • Angesichts dieses unternehmerischen Umfangs ist es
    unerheblich, ob sich die Klägerin bei eBay als Privatverkäufer oder als
    Händlerin angemeldet hatte; es besteht nämlich bezüglich der Merkmale der
    unternehmerischen Tätigkeit kein Wahlrecht.

  • Die Unternehmereigenschaft ist nach dem Gesetz nicht davon
    abhängig, dass eine Gewinnerzielungsabsicht besteht.

  • Zu Unrecht hat das Finanzamt aber die Umsatzsteuer auf die
    Gesamteinnahmen aufgeschlagen. Richtigerweise ist die Umsatzsteuer in der
    jeweiligen Bruttoeinnahme enthalten und muss herausgerechnet werden. Dies muss
    das FG nun im II. Rechtsgang beachten.

Hinweise: Das FG muss auch noch
weitere Ermittlungen anstellen. So wird es prüfen müssen, ob die Klägerin die
Differenzbesteuerung anwenden kann. Sie müsste dann nur die Differenz zwischen
Einkaufs- und Verkaufspreis der Umsatzsteuer unterwerfen. Für die
Differenzbesteuerung spricht, dass die Klägerin die Hausratsgegenstände
vermutlich von privat erworben hat, also ohne Umsatzsteuer. Ein etwaiger
Verstoß gegen die Aufzeichnungspflichten, die bei der Differenzbesteuerung zu
beachten sind, würde nicht zur Versagung der Differenzbesteuerung führen,
sondern nur zu einer Schätzung der Einkaufspreise, ggf. mit einem erheblichen
Sicherheitsabschlag, so dass sich eine etwas höhere Differenz ergibt.

Außerdem wird das FG ermitteln müssen, ob die Klägerin Vorsteuer
geltend machen kann und ob ihre Umsätze ggf. einem ermäßigten Umsatzsteuersatz
unterliegen.

Die Klägerin kann sich nicht auf die sog. Kleinunternehmerregelung
berufen, da diese in den Streitjahren nur galt, wenn der Gesamtumsatz im
Vorjahr oder im Gründungsjahr 17.500 € nicht überstiegen hat. Die
Umsätze der Klägerin lagen jedoch deutlich über dieser Grenze. Bei der
Differenzbesteuerung geht nämlich nicht nur die Differenz in die Ermittlung des
Gesamtumsatzes ein, sondern die Gesamteinnahme.

Quelle: BFH, Urteil v. 12.5.2022 – V R 19/20; NWB