Werden dem Arbeitnehmer sog. Stock
Options (Aktienoptionen) verbilligt gewährt, führt dies zu einem grundsätzlich
steuerpflichtigen geldwerten Vorteil beim Arbeitnehmer, der ihm aber erst mit
der Ausübung der Optionen zufließt. Der geldwerte Vorteil ist zeitraumbezogen
für die Tätigkeit zwischen der Gewährung der Optionen und dem Zeitpunkt der
erstmaligen Ausübbarkeit gewährt worden; dies wirkt sich aus, wenn der
Arbeitnehmer bei Erhalt der Optionen nicht in Deutschland wohnhaft war, wohl
aber bei der späteren Ausübung der Optionen.

Hintergrund: Zum
Arbeitslohn gehört nicht nur das Gehalt, sondern auch alle anderen geldwerten
Vorteile, die der Arbeitnehmer für seine Arbeitsleistung erhält.

Sachverhalt: Der Kläger
war im Zeitraum 2001 bis 31.3.2005 Geschäftsführer einer in den USA ansässigen
Y-Gesellschaft, die zu einem in Deutschland ansässigen Konzern gehörte. Der
Kläger wohnte in diesem Zeitraum auch in den USA. Am 1.4.2003 erhielt der
Kläger von der Y-Gesellschaft 45.000 Stock Options (Aktienoptionen) zu einem
verbilligten Preis; er durfte die Optionen ab dem 1.4.2005 zu 50 % und ab dem
1.4.2006 zu 100 % ausüben. Am 31.3.2005 beendete der Kläger seine Tätigkeit für
die Y-Gesellschaft und zog im Mai 2005 nach Deutschland. Im Streitjahr 2011
übte der Kläger 10.000 Optionen aus und erzielte hieraus einen Gewinn.

Entscheidung: Der BFH
bejahte im Grundsatz eine zumindest anteilige Steuerpflicht im Jahr 2011,
verwies die Sache aber zur weiteren Aufklärung an das Finanzgericht (FG):

  • Der verbilligte Erwerb der
    Optionen führte an sich zu einem geldwerten Vorteil, der dem Kläger im Jahr
    2011 aufgrund der Ausübung der Option zugeflossen ist.

  • Allerdings ist zu beachten,
    dass der Kläger nicht im gesamten Zeitraum zwischen der Gewährung der Optionen
    und der Ausübung der Optionen in Deutschland ansässig und damit steuerpflichtig
    war, sondern bis zum 31.3.2005 in den USA wohnte und dort tätig war. Dies kann
    dazu führen, dass das Besteuerungsrecht bei den USA liegt. Denn die
    Aktienoptionen werden nicht für eine bereits erbrachte Arbeitsleistung gewährt,
    sondern dienen als sog. Anreiz-Lohn für einen zukünftigen Zeitraum, dem sog.
    Erdienenszeitraum. Dieser Zeitraum erstreckt sich in der Regel vom Zeitpunkt
    der Gewährung der Optionen bis zum Zeitpunkt der erstmaligen Ausübbarkeit, also
    vom 1.4.2003 bis zum 1.4.2005. In diesem Zeitraum wohnte und arbeitete der
    Kläger jedoch in den USA.

  • Soweit die Tätigkeit im
    Erdienenszeitraum in den USA ausgeübt wurde, steht das Besteuerungsrecht nach
    den mit den USA abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen den USA
    zu.

  • Soweit der Kläger im Erdienenszeitraum aber auf Dienstreisen
    in Deutschland oder in anderen Staaten außerhalb der USA oder Deutschland tätig
    war, hat Deutschland das Besteuerungsrecht, weil der Kläger im Zeitpunkt der
    Ausübung der Option in Deutschland ansässig war.

Hinweise: Dem BFH zufolge
ist Deutschland also der sog. Ansässigkeitsstaat im Sinne des
Doppelbesteuerungsabkommens. Zwar liegt das Besteuerungsrecht bei den
Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit grundsätzlich beim Tätigkeitsstaat
(USA) und nicht beim Ansässigkeitsstaat (Deutschland); dies gilt aber nicht für
die Zeit, in der der Kläger im Erdienenszeitraum Dienstreisen außerhalb der USA
unternommen hatte, um z. B. die Konzernmutter in Deutschland oder um
Konzerngesellschaften in anderen Staaten zu besuchen. Für diese Zeit der
Dienstreisen außerhalb der USA steht Deutschland das Besteuerungsrecht zu, so
dass das FG nun die entsprechenden Anteile ermitteln muss, die auf die
Tätigkeit in den USA einerseits und auf die Tätigkeit außerhalb der USA während
des Erdienenszeitraums entfallen. War der Kläger also zu 20 % im
Erdienenszeitraum außerhalb der USA tätig, wäre der Gewinn aus der Ausübung der
Optionen zu 20 % in Deutschland steuerpflichtig.

Soweit den USA das
Besteuerungsrecht zusteht, ist der geldwerte Vorteil in Deutschland zwar
steuerfrei, er unterliegt aber dem sog. Progressionsvorbehalt und erhöht den
Steuersatz für die übrigen in Deutschland steuerpflichtigen Einkünfte.

Quelle: BFH, Urteil v. 21.12.2022 –
I R 11/20; NWB