Ein GmbH-Geschäftsführer, der durch Haftungsbescheid für die von
der GmbH nicht abgeführte Lohnsteuer in Anspruch genommen wird, kann die von
ihm gezahlte Haftungssumme als Werbungskosten absetzen. Dies gilt auch
insoweit, als die Lohnsteuer auf sein Geschäftsführergehalt entfällt.

Hintergrund:
GmbH-Geschäftsführer können bei Verletzung ihrer steuerlichen Pflichten, wie
z.B. der unterlassenen Bezahlung von Steuern, durch Haftungsbescheid in
Anspruch genommen werden.

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Nach dem Gesetz ist die Einkommensteuer einschließlich Lohnsteuer
steuerlich nicht absetzbar.

Streitfall: Die Klägerin war
Geschäftsführerin der B-GmbH gewesen, die im Jahr 2014 insolvent wurde. Die
B-GmbH hatte im Jahr 2013 die Lohnsteuern zwar einbehalten und angemeldet,
nicht aber an das Finanzamt abgeführt; hierzu gehörte auch die Lohnsteuer, die
auf das Geschäftsführergehalt der Klägerin entfiel. Das Finanzamt erließ gegen
die Klägerin einen Haftungsbescheid über die nicht abgeführten Lohnsteuern i.H.
von ca. 20.000 €. Hiervon entfielen ca. 17.000 € auf den
Arbeitslohn, den die Klägerin erhalten hatte, und 3.000 € auf die
Lohnsteuern der übrigen Arbeitnehmer. Die Klägerin zahlte in den Streitjahren
2014 und 2015 zusammen ca. 15.000 € und machte diesen Betrag als
Werbungskosten geltend. Das Finanzamt erkannte lediglich 3.000 € an,
also den Anteil, der auf die Lohnsteuern der übrigen Arbeitnehmer
entfiel.

Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) erkannte den Werbungskostenabzug vollständig in Höhe von
15.000 € an und gab der Klage statt:

  • • Ein GmbH-Geschäftsführer, der durch Haftungsbescheid für
    die Steuerschulden der GmbH in Anspruch genommen wird, kann die von ihm
    bezahlte Haftungssumme als Werbungskosten absetzen. Denn der Haftungsbescheid
    war durch die berufliche Tätigkeit als Geschäftsführerin veranlasst, weil er an
    eine Pflichtverletzung der Klägerin als Geschäftsführerin anknüpfte; die
    Klägerin hatte nämlich ihre Pflicht, die Steuern der B-GmbH abzuführen, nicht
    erfüllt.

  • • Die berufliche Veranlassung bestand auch, soweit die in
    dem Haftungsbescheid aufgeführte Lohnsteuer auf den Arbeitslohn der Klägerin
    entfiel. Insoweit galt nicht das Abzugsverbot für Einkommensteuern und sonstige
    Personensteuern. Denn die Klägerin bezahlte nicht ihre eigene Lohnsteuer,
    sondern sie bezahlte eine Haftungsschuld, d.h. sie stand für die Steuerschuld
    eines anderen, nämlich der B-GmbH, ein.

Hinweise: Die Klägerin war zwar
auch Gesellschafterin der B-GmbH gewesen. Dies stand dem Werbungskostenabzug
aber nicht entgegen, da die Inanspruchnahme durch Haftungsbescheid nicht auf
der Gesellschafterstellung der Klägerin beruhte, sondern auf ihrer
Geschäftsführerstellung.

Hätte die Klägerin, ohne dass ein Haftungsbescheid ergangen wäre,
ihre eigene Lohnsteuer als Steuerschuldnerin – und nicht als
Haftungsschuldnerin – zahlen müssen, wäre diese Zahlung nicht als
Werbungskosten abziehbar gewesen. Allerdings hätte das Finanzamt die Lohnsteuer
von der Klägerin als Steuerschuldnerin gar nicht mehr verlangen können, da die
B-GmbH die Lohnsteuer der Klägerin einbehalten hatte. Damit schied die Klägerin
als Steuerschuldnerin (Arbeitnehmerin) aus. Dem Finanzamt blieb daher nur noch
der Erlass eines Haftungsbescheids aufgrund der Tätigkeit der Klägerin als
Geschäftsführerin der B-GmbH.

Quelle: BFH, Urteil v. 8.3.2022
– VI R 19/20; NWB