Veräußert ein freiberuflich tätiger
Berater eine Beteiligung an einer Holding in der Rechtsform einer
Kapitalgesellschaft, gehört der Erlös nicht zu seinen Betriebseinnahmen, wenn
der Freiberufler die Beteiligung als eigenständige Einkunftsquelle nutzt; denn
dann ist die Beteiligung nicht seinem Betriebsvermögen zuzurechnen. Der
Veräußerungsgewinn unterliegt aber nach allgemeinen Grundsätzen der
Steuerpflicht für Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an
Kapitalgesellschaften und bleibt nach dem sog. Teileinkünfteverfahren im Umfang
von 40 % steuerfrei.

Hintergrund: Eine
Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft kann zum Privatvermögen oder zum
Betriebsvermögen gehören. Grundsätzlich ist ein Veräußerungsgewinn in beiden
Fällen im Umfang von 60 % steuerpflichtig; allerdings gilt dies bei
Zugehörigkeit zum Privatvermögen nur dann, wenn die Beteiligung mindestens 1 %
beträgt.

Sachverhalt: Der Kläger
war freiberuflicher Unternehmensberater und beriet die Investorengruppe X bei
dem Erwerb der Y-GmbH & Co. KG. Er erwarb für die Investorengruppe
treuhänderisch eine Beteiligung an einer GmbH-Holding, die ihrerseits im Jahr
2007 eine Beteiligung an der Y-GmbH & Co. KG erwarb. Der Kläger schloss
auch einen Beratervertrag mit der Holding. Im September 2007 gründete der
Kläger zusammen mit seiner Ehefrau und seiner Tochter eine Gesellschaft
bürgerlichen Rechts (GbR), an der der Kläger mit 57 % und seine Ehefrau und
Tochter mit jeweils 21,5 % beteiligt waren. Die GbR erwarb anschließend 4 % an
der Holding. Im Jahr 2011 verkaufte die GbR die Beteiligung an der Holding mit
Gewinn, und zwar gegen Ratenzahlung in den Jahren 2011 bis 2015. Der Kläger
behandelte diesen Gewinn im Jahr 2011 als steuerpflichtig, soweit er auf ihn
entfiel; den auf seine Ehefrau entfallenden Anteil sahen der Kläger und seine
Ehefrau als nicht steuerpflichtig an. Das Finanzamt ging von einer
Zugehörigkeit der Beteiligung zum Betriebsvermögen des Klägers aus und
besteuerte den Gewinn nach den Grundsätzen der Zuflussbesteuerung erst im
Zeitpunkt des Zuflusses der Raten.

Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) gab der hiergegen gerichteten Klage statt:

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    Freiberufliche
    Betriebseinnahmen lägen dann vor, wenn die Beteiligung an der Holding zum
    Betriebsvermögen des Klägers gehört hätte. Dies ist bei einer Beteiligung an
    einer Kapitalgesellschaft aber grundsätzlich nur dann der Fall, wenn die
    Tätigkeit der Kapitalgesellschaft die eigene berufliche Tätigkeit ergänzen soll
    oder wenn über die Beteiligung Aufträge gewonnen werden sollen.

  • Die Beteiligung gehört
    hingegen nicht zum Betriebsvermögen, wenn der Freiberufler vorrangig eine
    Kapitalanlage anstrebt und wenn sich aus der freiberuflichen Tätigkeit kein
    Anspruch auf den Erwerb der Beteiligung ergibt und der Freiberufler keine
    Begünstigung beim Kauf erhält, sondern den Marktpreis zahlen muss und auch das
    volle Verlustrisiko trägt.

  • Im Streitfall ging es dem
    Kläger in erster Linie um eine Kapitalanlage, nämlich um eine Wertsteigerung.
    Die Beteiligung an der Holding besaß damit ein eigenständiges wirtschaftliches
    Gewicht und war kein Hilfsgeschäft der freiberuflichen Tätigkeit. Der Kläger
    bezweckte auch nicht, über die Beteiligung neue Aufträge an Land zu ziehen.
    Sein Beratungsvertrag mit der Holding gab ihm auch keinen Anspruch auf Erwerb
    der Beteiligung, sondern der Kläger musste für die Beteiligung den Marktpreis
    bezahlen. Er trug ferner das volle Verlustrisiko.

Hinweise: Der
Veräußerungsgewinn des Klägers war jedoch nach allgemeinen Grundsätzen
steuerpflichtig, weil der Kläger mit mindestens 1 % an der Holding beteiligt
war und daher auch ein Gewinn aus der Veräußerung von
Kapitalgesellschaftsanteilen im Privatvermögen steuerpflichtig ist. Der Kläger
hielt 57 % an der GbR, die ihrerseits 4 % an der Holding hielt; damit entfielen
auf den Kläger 2,28 %.

Für seine Ehefrau war der
Veräußerungsgewinn nicht steuerpflichtig, da auf sie nur 0,86 % entfielen (21,5
% Beteiligung an der GbR x 4 % Beteiligung an der Holding). Zwar werden seit
der Einführung der Abgeltungsteuer im Jahr 2009 auch Gewinne aus der
Veräußerung von Kapitalgesellschaftsanteilen bei einer Beteiligung von weniger
als 1 % besteuert; dies gilt aber nicht, wenn die Beteiligung – wie im
Streitfall – bereits vor 2009 erworben worden ist.

BFH, Urteil vom 1.12.2020 – VIII R
21/17; NWB